Die Behandlung eines Mantelzell-Lymphoms sollte nur durch erfahrene Fachärzt:innen für Hämatologie und Onkologie erfolgen. Diese sind sowohl in den entsprechenden Fachabteilungen von Krankenhäusern und Kliniken tätig als auch in niedergelassenen Schwerpunktpraxen.

Die Behandlung des Mantelzell-Lymphoms wurde in den vergangenen Jahren vor allem mit Hilfe von klinischen Therapiestudien stetig verbessert. Auch für zukünftige Behandlungsstrategien des Mantelzell-Lymphoms ist es wichtig, dass sich möglichst viele Erkrankte in Studien behandeln lassen. Studienteilnehmende können zudem sicher sein, dass sie nach dem neuesten Stand des Wissens behandelt werden und ihr Krankheitsverlauf engmaschig von Fachleuten kontrolliert wird.

Da die meisten Mantelzell-Lymphome schnell voranschreiten und anfangs kaum oder nur leichte Beschwerden verursachen, werden sie häufig erst in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert. Bei fortgeschrittenen oder aggressiv voranschreitenden Mantelzell-Lymphomen sollte in der Regel innerhalb von einigen Wochen nach dem Vorliegen einer gesicherten Diagnose und der Staging-Untersuchung mit der Behandlung begonnen werden. Sollten Erkrankte eine zweite Meinung zur Diagnose oder zum vorgeschlagenen Therapiekonzept einholen wollen, sollte dies vor Therapiebeginn erfolgen. Zur Behandlung von Mantelzell-Lymphomen gibt es eine Reihe verschiedener Therapiemöglichkeiten, die abhängig vom Alter und dem Allgemeinzustand von Patient:innen zum Einsatz kommen können.

Therapieverfahren

Aktuelle Therapiekonzepte abhängig vom Alter und Allgemeinzustand

Im Falle eines Rückfalls bzw. wenn die zunächst gewählte Therapie nicht anschlägt, werden die behandelnden Ärzt:innen über eine geeignete Rezidivtherapie beraten. Diese hängt von der gewählten Erstbehandlung ab.

Rezidivtherapie

Erkrankte, die begleitend zu ihrer Therapie selbst etwas für ihre Gesundheit tun wollen und über den Einsatz alternativer oder komplementärer Verfahren nachdenken, sollten sich eingehend von anerkannten Experten beraten lassen. Da es nicht selten Wechselwirkungen mit den vom behandelnden Onkologen verabreichten Therapien gibt, sollte dieser auf jeden Fall über alle Substanzen bzw. Verfahren informiert werden, die darüber hinaus eingenommen oder angewendet werden.

Alternative und komplementäre Verfahren

Die Watch & Wait-Strategie

Bei einem Teil der an einem Mantelzell-Lymphom erkrankten Menschen verläuft die Krankheit weniger aggressiv, sondern eher langsam und schleichend (= indolent) und ohne erkennbare Krankheitssymptome. In diesen Fällen wird der Therapiebeginn oft einige Zeit hinausgezögert, da man sich keinen Vorteil von einer sofortigen Behandlung verspricht. Allerdings muss die Erkrankung während dieser Zeit regelmäßig kontrolliert werden, da sich einige zunächst indolent verlaufende Mantelzell-Lymphome über die Zeit in aggressiv verlaufende verändern. Dieses Beobachten und Abwarten wird auch als „Watch & Wait-Strategie“ bezeichnet (engl. watch = beobachten, engl. wait = warten). Mit einer Therapie wird erst begonnen, wenn Symptome auftreten, die als Beeinträchtigung empfunden werden, oder die Krankheit sichtlich voranschreitet, indem zum Beispiel die Größe der Lymphknoten zunimmt oder neue vergrößerte Lymphknoten festgestellt werden. Auch können bestimmte Laborwerte ein Voranschreiten der Erkrankung anzeigen (z.B. LDH-Wert, Anzahl der Leukozyten).

Strahlentherapie

Wird ein Mantelzell-Lymphom in den Stadien I und II mit nur kleinen Lymphknoten festgestellt, kann es mittels einer Strahlentherapie für einige Zeit zurückgedrängt werden. Bei dieser Therapieform werden die Tumorzellen durch „ionisierende Strahlen“ (z.B. Röntgenstrahlen oder Elektronenstrahlen) daran gehindert, sich zu teilen und damit zu vermehren. Dabei macht man sich die Tatsache zunutze, dass Tumorzellen in der Regel empfindlicher auf Strahlen reagieren, als die sie umgebenden gesunden Körperzellen. Ähnlich wie bei der Chemotherapie wird auch die Strahlentherapie in mehrere Durchgänge (= Fraktionen) aufgeteilt. Meist bestrahlt man ganz gezielt bestimmte Körperregionen, in denen große Tumormassen vorhanden sind. Im Rahmen einer Hochdosischemotherapie mit Stammzellübertragung wird manchmal auch der ganze Körper bestrahlt, allerdings in einer niedrigeren Dosierung.

Da nur 10 bis 15 Prozent aller Mantelzell-Lymphome in einem so frühen Stadium diagnostiziert werden, kommt die Strahlentherapie nicht häufig zum Einsatz. Eine Bestrahlung von Mantelzell-Lymphomen in den Stadien III bis IV ist nur kurzzeitig wirksam. Sie wird nur empfohlen, um große Tumormassen in einer Körperregion zu verringern, wenn diese nicht durch eine Chemotherapie reduziert werden konnten.

Chemotherapie

Grundlage der meisten Behandlungsansätze sind jedoch chemotherapeutische Wirkstoffe, die in unterschiedlicher Kombination oder Dosierung eingesetzt werden. Unter einer Chemotherapie versteht man den Einsatz von Substanzen, die direkt die Tumorzellen schädigen oder ihre unkontrollierte Vermehrung hemmen. Weil sich Krebszellen oft schnell und unkontrolliert teilen und vermehren, sind sie besonders anfällig gegen diese Wirkstoffe, die auch als Zytostatika (gr. Cyto = Zelle, gr. statik = anhalten) bezeichnet werden. Eine Chemotherapie wirkt auf den ganzen Körper (= systemisch) und vernichtet nicht nur die sichtbaren größeren Tumore sondern auch die vereinzelt im Körper zirkulierenden Tumorzellen. Zytostatika können einzeln verabreicht werden, oft empfiehlt sich aber eine Kombination aus mehreren Wirkstoffen. Diese werden dem Patient:innen in der Regel als Infusion zugeführt, einige Zytostatika gibt es aber auch in Tablettenform. Da mit einer einzigen Chemotherapiedosis immer nur ein Teil der Tumorzellen geschädigt werden kann, wird die Chemotherapie meist in mehreren Zyklen im Abstand von wenigen Tagen oder Wochen gegeben.

Immunchemotherapie

Wird zusätzlich zu den Zytostatika auch ein Antikörper gegeben, spricht man von einer Immunchemotherapie. Anders als jene Antikörper, die unser Immunsystem selbst produziert um Krankheitserreger zu bekämpfen, werden die in der Krebstherapie verwendeten Antikörper im Labor hergestellt. Diese, auch als „monoklonale“ Antikörper bezeichneten Substanzen, bekämpfen nicht alle sich schnell teilenden Zellen, sondern sind in der Lage, die Oberflächenstrukturen bestimmter Tumorzellen zu erkennen und gezielt an diese „anzudocken“. Das Prinzip kann man sich vorstellen wie bei einem Schlüssel, der nur zu einem ganz bestimmten Schloss passt. Abhängig davon, um welchen Antikörper es sich handelt, wirken diese direkt schädigend auf die Tumorzellen ein (z.B. Rituximab). Antikörper werden häufig in Kombination mit einer Chemotherapie gegeben. Sie können aber auch allein verabreicht werden, zum Beispiel zur Therapieerhaltung im Anschluss an eine Therapie.

Erhaltungstherapie

Gelingt es, mit einer Immunchemotherapie das Mantelzell-Lymphom zurückzudrängen, sollte sich eine Erhaltungstherapie mit dem Antikörper Rituximab anschließen. Damit wird versucht, die Behandlungserfolge über einen möglichst langen Zeitraum zu "erhalten". Da Rituximab bislang nicht für die Erhaltungstherapie beim Mantelzell- Lymphom zugelassen ist, muss der Einsatz allerdings vorab vom behandelnden Arzt mit der Krankenkasse abgeklärt werden.

Stammzelltransplantation

Intensivere Behandlungsansätze sehen außerdem eine Stammzelltransplantation (= Übertragung von aus dem Blut gewonnenen Stammzellen) vor. Als Stammzellen werden jene Ursprungszellen im menschlichen Körper bezeichnet, die die Fähigkeit haben, sich in unterschiedliche Zellarten weiterzuentwickeln. Menschen haben rund zwanzig verschiedene Stammzellarten, darunter die „Blutstammzellen“. Diese befinden sich vor allem im Knochenmark, aber auch im Blutkreislauf. Blutstammzellen können sich selbst vermehren, sie können sich durch Reifung auch in verschiedene Blutzellarten verwandeln – also auch in Lymphozyten. Bei einer Therapie, die eine Transplantation von Blutstammzellen vorsieht, versucht man, das durch die Tumorzellen gestörte Immunsystem vorübergehend „auszuschalten“ - dies geschieht durch eine hoch dosierte Chemotherapie - und mit der Übertragung von Blutstammzellen neu zu starten. Unterschieden wird zwischen einer autologen (Blut-)Stammzelltransplantation, bei der zuvor entnommene „eigene“ Blutstammzellen zurückübertragen werden und einer allogenen (Blut-)Stammzelltransplantation, bei der man die Blutstammzellen eines gesunden Fremd- oder Familienspenders erhält.

Weitere Wirkstoffe und Medikamente

Darüber hinaus gibt es einige neue Medikamente, die gezielt auf die Tumorzellen einwirken und das Wachstum oder die Vermehrung der Tumorzellen einschränken (= engl. targeted therapies oder dt. gezielte Therapien). Zu nennen ist hier insbesondere der Bruton-Tyrosinkinase-Inhibitor Ibrutinib, der in Kombination mit einer Immun-Chemotherapie der aktuelle Behandlungsstandard von jüngeren Erkrankten mit unbehandeltem Mantelzell-Lymphom und im frühenRezidiv darstellt.    

Aktuelle Therapiekonzepte beim MCL

Der Krankheitsverlauf von Patient:innen ist von persönlichen Voraussetzungen abhängig. Keine Statistik und keine Überlebenskurve kann Auskunft darüber geben, welchen Verlauf die Erkrankung bei einem selbst nehmen wird. Auch wenn zurzeit kaum Heilung in Aussicht gestellt werden kann, gelingt es in vielen Fällen, das Voranschreiten des Mantelzell-Lymphoms über etliche Jahre zurückzudrängen. Dazu wurden in den vergangenen Jahren neue Therapiemöglichkeiten entwickelt und in klinischen Therapie-Studien getestet. Auch gegenwärtig forschen viele Ärzt:innen und Wissenschaftler:innen weltweit daran, das Mantelzell-Lymphom „in den Griff“ zu bekommen. Für Betroffene ist es deshalb wichtig, immer nach den aktuellsten Therapieempfehlungen behandelt zu werden.

Therapielinien beim Mantelzell-Lymphom

Therapiemöglichkeiten für junge und fitte Patienten

Um die Tumorzellen möglichst umfassend zu zerstören, kann bei jüngeren Hochrisiko-Patient:innen (bis 65 Jahre), deren körperlicher Allgemeinzustand insgesamt gut ist, zusätzlich eine intensive, hoch dosierte chemotherapeutische Behandlung erwogen werden. Da durch diese Therapie aber nicht nur die MCL-Zellen zerstört werden, sondern auch das blutbildende Knochenmark, müssen zuvor aus dem Blut der erkrankten Person Blutstammzellen gewonnen werden. Diese Blutstammzellen sind die Ursprungszellen („Mutterzellen“), aus denen alle anderen Blutzellen heranreifen können. Die entnommenen Zellen werden der behandelten Person nach der Hochdosistherapie wieder zugeführt, damit sich neue, gesunde Blutzellen bilden können. Dieser Behandlungsansatz wird als „Hochdosistherapie mit autologer Stammzelltransplantation“ bezeichnet. Der Begriff „autolog“ meint dabei, dass es sich um eigene Stammzellen handelt und nicht um gespendete Zellen.

Eine Hochdosistherapie mit autologer Stammzelltransplantation umfasst folgende Schritte:

Induktion (= Einleitung): Zunächst werden Betroffene mit sechs Zyklen einer Immunchemotherapie in normaler Dosierung (= Standardchemotherapie) behandelt. Durch diese Chemotherapie wird bereits ein Großteil der Tumorzellen zerstört. Da durch diese Behandlung aber auch viele gesunde weiße Blutzellen vernichtet werden, beginnt das blutbildende System der behandelten Person damit, vermehrt Stammzellen zu produzieren, aus denen neue weiße Blutzellen heranreifen können. Der überwiegende Teil dieser Stammzellen befindet sich im Knochenmark, einige Stammzellen zirkulieren jedoch auch im Blutkreislauf. Durch die Gabe von Wachstumsfaktoren (G-CSF) kann die Anzahl der Stammzellen im Blut erhöht werden.

Stammzellapherese (= Sammlung von Blutstammzellen): Befinden sich im Blut genügend Stammzellen, können diese mit Hilfe einer Apherese-Maschine entnommen werden. Diese filtert aus einer Vene des Erkrankten die Stammzellen aus dem Blut heraus und gibt alle nicht benötigten Blutzellen über eine zweite Vene wieder in den Blutkreislauf zurück. Dieser drei- bis fünfstündige Vorgang kann ambulant durchgeführt werden. Er wird so oft wiederholt, bis genügend Stammzellen vorhanden sind. Die gewonnenen Stammzellen werden bis zur Übertragung in flüssigem Stickstoff bei minus 196 Grad Celsius eingefroren.

Konditionierung (= Hochdosis-Therapie): Nachdem genügend Stammzellen gewonnen wurden, erhält die erkrankte Person eine weitere, jetzt aber um das Sechs- bis Zehnfache höher dosierte Chemotherapie. Damit sollen möglichst alle Tumorzellen zerstört werden. Für diese intensive Chemotherapie können unterschiedliche Wirkstoffe zum Einsatz kommen. Oft wird die Hochdosistherapie auch mit einer Ganzkörperbestrahlung kombiniert. Welche Wirkstoffe bzw. welche Vorgehensweise sich besonders günstig auf die Bekämpfung des Mantelzell-Lymphoms auswirkt, wird kontinuierlich in Therapiestudien untersucht.

Transplantation (= Übertragung der Blutstammzellen): Rund zwei Tage nach der Konditionierung werden die zuvor entnommenen Blutstammzellen mittels einer Transfusion in die Vene zurückgegeben. Sie wandern eigenständig in das Knochenmark der behandelten Person und beginnen dort mit der Produktion neuer Blutzellen. Die früher bestehende Gefahr, mit den Blutstammzellen auch Lymphomzellen zurückzuübertragen, ist heute durch den vorangegangenen Einsatz von Antikörpern, die vor allem im Blut und Knochenmark wirken, minimiert.

Blutbildung aus Stammzellen

Wie werden Patienten behandelt, die für eine Stammzelltransplantation nicht geeignet sind?

Obwohl die Hochdosistherapie mit Stammzelltransplantation gegenwärtig die beste Möglichkeit darstellt, das Mantelzell-Lymphom über eine längere Zeit zurückzudrängen, kommt sie wegen der großen körperlichen Belastung für einige Erkrankte nicht in Frage. Ältere Menschen mit gutem Allgemeinzustand und jüngere Patient:innen mit weniger gutem Allgemeinzustand erhalten in der Regel eine Immunchemotherapie. Hierbei wird der monoklonale Antikörper Rituximab mit einem oder mehreren chemotherapeutischen Wirkstoffen kombiniert. Diese Therapieschemata werden meist mit Hilfe von Abkürzungen der beteiligten Wirkstoffnamen benannt, z.B. R-CHOP, BR. Die Namen und Abkürzungen der Wirkstoffe können der unten stehenden Tabelle entnommen werden. Die Kombination R-FC wird nur jenen Patient:innen empfohlen, die einen leukämischen Verlauf zeigen, bei denen also MCL-Zellen im Blut nachgewiesen werden können.

Wirkstoffnamen und ihre Abkürzungen

Möglichkeiten für kombinierte (Immun-)Chemotherapien

Therapieschema

Wirkstoffnamen

BR

Bendamustin (B), Rituximab (R)

I

Ibrutinib (I)

R

Rituximab (R)

R-CHOP

Rituximab (R), Cyclophosphamid (C), Doxorubicin (H), Vincristin (O), Prednison (P)

R-CHOP-I

Rituximab (R), Cyclophosphamid (C), Doxorubicin (H), Vincristin (O), Prednison (P) plus Ibrutinib (I)

R-DHAP

Rituximab (R), Dexamethason (DH), Cytarabin/Ara-C (A), Cisplatin (P)

R-FC

Rituximab (R), Fludarabin (F), Cyclophosphamid (C)

R-I

Erhaltungstherapie mit Rituximab und Ibrutinib

VR-CAP

Bortezomib (V), Rituximab (R), Cyclophosphamid (C), Doxorubicin (A), Prednison (P)

Tabelle 4: Wirkstoffnamen und ihre Abkürzungen