Deutsches Panel der Referenzpathologen im Kompetenznetz Maligne Lymphome e. V.
Absicherung von Lymphomdiagnosen
maligne Lymphome sind bösartige Erkrankungen, die ihren Ursprung in den Zellen des lymphatischen Systems haben. Aufgrund der Vielzahl der bekannten Lymphomentitäten, die zum Teil sehr unterschiedlich behandelt werden müssen, erweist sich die Unterteilung der Lymphome als außerordentlich komplex und verlangt in der Diagnostik und Therapie eine besondere Expertise der behandelnden Ärzte.
Vor jeder Behandlung eines malignen Lymphoms steht die eindeutige Diagnosestellung der Erkrankung. Aus einer besonderen historischen Entwicklung hat sich in Deutschland über Jahrzehnte ein Netzwerk von Pathologen gebildet, die sich auf die Diagnostik maligner Lymphome spezialisiert haben. Deshalb werden die Gewebeproben vieler Lymphompatienten zur Diagnoseabsicherung in pathologische Institute mit einer langjährigen Erfahrung auf diesem Gebiet geschickt – dies sind die KML-Referenzzentren für Lymphknotenpathologie in Berlin, Frankfurt, Kiel, Lübeck, Stuttgart, Tübingen, Ulm und Würzburg.
Referenzbegutachtung im Rahmen von Studien der KML-Studiengruppen
Wegbereiter für die referenzpathologische Begutachtung waren die deutschen Lymphomstudiengruppen, die die Behandlung im Rahmen von Therapieoptimierungsstudien seit vielen Jahren an das Vorliegen einer referenzpathologischen Diagnose knüpfen und diese als festen Bestandteil in ihr Studienprotokoll aufgenommen haben. Die komplexen kommunikativen Abläufe zwischen behandelnden Ärzten, Studienzentralen, Primärpathologen und referenzpathologischem Institut wurden in den letzten 15 Jahren u.a. durch Förderungen der Deutschen Krebshilfe bzw. des BMBF optimiert.
Die Referenzpathologie hat sich in den vergangenen Jahren außerordentlich bewährt und wird in den meisten europäischen und nicht-europäischen Ländern als beispielhaft angesehen. Eine 2013 im Auftrag der an der Integrierten Versorgung von Patienten mit malignen Lymphomen (IVML) teilnehmenden Krankenkassen durchgeführte Untersuchung des Kompetenz-Centrums Onkologie (Medizinischer Dienst der Krankenkassen, MDK Nordrhein) ergab, dass durch die Referenzpathologie zwischen 2 und 15 Prozent Fehldiagnosen aufgedeckt werden können. In 2–4% aller Fälle, die mit einer Lymphomdiagnose eingesandt wurden, lag gar kein malignes Lymphom vor. Diesen Patienten und den Kostenträgern blieb durch die Referenzpathologie somit eine aggressive und kostenintensive Behandlung erspart.
Weiterführende Forschung an Gewebeproben
Über die Diagnosesicherung hinaus ist es Aufgabe der referenzpathologischen Institute, das Lymphomgewebe der Studienpatienten wissenschaftlich aufzuarbeiten, um molekulare, prognostisch relevante Subgruppen in Studienkohorten zu definieren. Als Beispiel einer frühen zielgerichteten Therapie ist auf dem Gebiet der B-Zell-Lymphome die seit vielen Jahren gängige anti-CD20-Therapie mit dem Antikörper Rituximab zu nennen: Bevor dieser Antikörper therapeutisch zum Einsatz kommen konnte, musste im Rahmen der Lymphomdiagnostik eine CD20-Expression auf den Lymphomzellen nachgewiesen werden. Aktuelle Beispiele umfassen den Nachweis bestimmter Antigene auf den Tumorzellen beim Einsatz chimärer oder bispezifischer Antikörper (z. B. gegen CD19), den Nachweis einer CD30-Expression bei T-Zell-Lymphomen oder den Nachweis von PD-L1 bei der Gabe sogenannter Checkpoint-Inhibitoren.
Auch der Nachweis bestimmter Genmutationen, wie z. B. die BRAF-Mutation, sind hinsichtlich des möglichen Einsatzes von BRAF-Inhibitoren bei Haarzell-Leukämien oder dem Multiplen Myelom von Relevanz. Da die referenzpathologischen Zentren als integraler Bestandteil im Internationalen Krebsgenom-Konsortium (ICGC) vertreten sind, konnten sie in den letzten Jahren daran mitwirken, rund 200 Genome von diffusen großzelligen B-Zell-Lymphomen und follikulären Lymphomen zu sequenzieren.
Lagerung der Gewebeproben
Bezüglich der Gewebeproben bemühen sich die referenzpathologischen Institute seit Jahren darum, das Lymphomgewebe der Studienpatienten zeitlich unbefristet zu asservieren und für weitere diagnostische und wissenschaftliche Untersuchungen, z. B. im Falle einer Rezidiv-Erkrankung, in einem der acht Referenzzentren aufzubewahren. Die weiterführende, wissenschaftliche Untersuchung der Lymphomproben hat zu wesentlichen neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen und Publikationen geführt, die große internationale Beachtung erfahren haben. Allerdings gestaltet sich die Asservierung von Lymphomproben zunehmend schwieriger, da aufgrund organisatorischer Abläufe, rechtlicher Probleme, Akkreditierungsvorgaben und mangelnder Finanzierung einige Lymphomproben der Studienpatienten nicht mehr in den Referenzpathologien gelagert werden können. Insbesondere wissenschaftlich wertvolle Gewebeproben (z. B. Rezidivbiopsate) gelangen gar nicht erst in die Referenzzentren, sondern werden von peripheren Pathologien oft nach einer sehr kurzen, gesetzlich vorgeschriebenen Aufbewahrungszeit entsorgt. Es wird daher eine wesentliche zukünftige Aufgabe der Referenzzentren sein, an einem Konzept mitzuwirken, das eine unbefristete und allen gesetzlichen Anforderungen (z. B. Einverständnis der Patienten) entsprechende Lagerung der Gewebeproben für wissenschaftliche Projekte erlaubt.