Der Morbus Waldenström ist eine Krebserkrankung des lymphatischen Systems und gehört zur Gruppe der Lymphome. Bisweilen wird dieses Lymphom auch als Waldenströms Makroglobulinämie bezeichnet, früher nannte man es oft Immunozytom. Beim Morbus Waldenström vermehren sich im Knochenmark, den Lymphknoten oder in der Milz bösartig veränderte B-Lymphozyten. B-Lymphozyten gehören zur Gruppe der weißen Blutzellen und sind eigentlich für die Immunabwehr zuständig

Es ist ein besonderes Merkmal dieser Erkrankung, dass die Lymphomzellen unkontrolliert „falsche“ Antikörper herstellen. Diese Antikörper, die auch als Immunglobuline bezeichnet werden und vom Immunsystem normalerweise zur Abwehr von Krankheitserregern produziert werden, sind in ihrer Funktion gestört. Sie wehren daher keine Bakterien oder Viren ab, sondern rufen stattdessen bei einem Teil der Patient:innen bestimmte Krankheitszeichen (= Symptome) hervor.

Häufigkeit & Ursache

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Häufigkeit

Der Morbus Waldenström ist eine sehr seltene Erkrankung, die etwa ein bis zwei Prozent aller bösartigen Bluterkrankungen ausmacht. In Deutschland leiden ca. 4.000 bis 5.000 Patient:innen an einem Morbus Waldenström. Pro einer Million Einwohner kommen jedes Jahr etwa drei neue Erkrankungsfälle hinzu – das macht in Deutschland rund 240 Neuerkrankungen jährlich.

Wer erkrankt?

Der Morbus Waldenström tritt mit fortschreitendem Alter häufiger auf. Betroffene, bei denen diese Erkrankung erstmals diagnostiziert wird, sind im Mittel um die 65 Jahre alt. Männer sind häufiger betroffen als Frauen, ebenso wird die Erkrankung bei hellhäutigen Menschen öfter festgestellt.

Ursachen

Ein Morbus Waldenström entsteht, wenn sich die genetische Information eines einzelnen B-Lymphozyten durch eine erworbene Mutation verändert. Auffällig ist, dass die Lymphomzellen fast aller Patient:innen mit Morbus Waldenström eine genetische Veränderung am Gen MYD88 aufweisen, das an der Steuerung des Lymphozytenwachstums beteiligt ist. Durch die Mutation erhält die Zelle wahrscheinlich einen Überlebensvorteil: Sie stirbt nicht nach einer vorgesehenen Zeit ab, sondern teilt sich und gibt den „Fehler“ an viele Tochterzellen weiter. Anders als gesunde B-Lymphozyten sind diese Tumorzellen für die Immunabwehr aber untauglich. Durch ihre Ansammlung im Knochenmark und in den lymphatischen Organen sowie durch die Bildung funktionsloser Antikörper stören sie nach und nach den Organismus und verhindern die normale Blutbildung. Eine weitere genetische Veränderung, die bei bis zu 40% der Patient:innen auftritt, betrifft das CXCR4-Gen. Diese genetische Veränderung findet sich nahezu ausschließlich zusammen mit der MYD88-Mutation. Patient:innen mit einer CXCR4-Mutation haben häufig ein verzögertes und etwas schlechteres Ansprechen auf das Medikament Ibrutinib.

Die genauen Ursachen der Erkrankung sind nicht bekannt. Auch wenn die Tumorzellen des Morbus Waldenström Veränderungen an den Genen zeigen, weiß man jedoch nicht, wodurch es zu diesen genetischen Veränderungen kommt. In bis zu 20 Prozent der Fälle haben Patient:innen mit einem Morbus Waldenström einen Verwandten ersten Grades, der ebenfalls an einem Lymphom erkrankt ist. Ob Umgebungsfaktoren das Erkrankungsrisiko erhöhen können, ist bislang unklar.

Symptome

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Müdigkeit und Leistungsschwäche sind die häufigsten Krankheitszeichen beim Morbus Waldenström (70 Prozent der Patient:innen). Sie werden dadurch verursacht, dass die Lymphomzellen die normale Blutbildung im Knochenmark unterdrücken und es in Folge zu einer Verdrängung insbesondere der roten Blutzellen (= Erythrozyten) kommen kann. Der Mangel an weißen Blutzellen (= Leukozyten) führt zu häufigeren Infekten (30 Prozent der Patient:innen). Durch den Mangel an Blutplättchen (= Thrombozyten) kommt es selten auch zu Blutungsneigung mit Blutergüssen und flohstichartigen Einblutungen an der Haut (10 Prozent der Patient:innen).

Einige Patient:innen haben sogenannte B-Symptome wie Fieber (über 38,5 Grad Celsius) ohne erkennbare Ursache, eine Gewichtabnahme von mehr als 10 Prozent des Körpergewichtes innerhalb von sechs Monaten oder nächtliches Schwitzen, typischerweise zwischen zwei und fünf Uhr morgens.

Ein Teil der Betroffenen bemerkt schmerzlose Vergrößerungen von Lymphknoten, Leber oder Milz. Die zuvor genannten Symptome sind alle durch das Lymphom selbst bedingt. Wie schon erwähnt, ist ein Kennzeichen des Morbus Waldenström zudem die Produktion „falscher“ Antikörper. Bei einem Teil der Erkrankten werden große Mengen dieser Antikörper produziert und führen zu einer Verdickung des Blutes, die in der Fachsprache auch Hyperviskositätssyndrom genannt wird. Typische Krankheitszeichen dafür sind Schwindel, Kopfschmerzen, Seh- oder auch Hörstörungen. Die „falschen“ Antikörper können sich auch gegen die eigenen Nerven richten und Nervenschmerzen verursachen oder körpereigene Gerinnungsfaktoren blockieren und damit die Blutungsneigung fördern.

 

Diagnose

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Für die Diagnose eines Morbus Waldenström sind zwei Befunde zwingend erforderlich: Erstens muss im Knochenmark das Vorliegen eines sogenannten lymphoplasmozytischen Lymphoms nachgewiesen werden, zweitens müssen im Blut die durch das Lymphom produzierten „falschen“ Antikörper vom Typ "monoklonales Immunglobulin M (= IgM)" feststellbar sein.

Deshalb sind zunächst folgende diagnostische Tests notwendig: Dem Patient:innen muss mittels einer Knochenstanze etwas Knochenmark entnommen werden, damit Fachärzt:innen für Pathologie dieses auf das Vorliegen des Lymphoms überprüfen kann. Die Entnahme erfolgt unter Betäubung in der Regel am Beckenkamm. Außerdem muss über die Erhebung der Krankengeschichte (= Anamnese) und der körperlichen Untersuchung hinaus eine Blutabnahme erfolgen, um Veränderungen im Blutbild feststellen zu können, aber auch um den Nachweis des monoklonalen IgM zu führen.

Ferner sollte bei vergrößerten Lymphknoten die Untersuchung von Lymphknotengewebe durch auf Lymphome spezialisierte Fachärzt:innen für Pathologie erfolgen. Hierfür sollte nach Möglichkeit ein vollständiger Lymphknoten operativ entfernt werden. Ist ein betroffener Lymphknoten nur schwer zugänglich, können alternativ auch größere Gewebeproben mittels einer Stanzbiopsie entnommen werden. Proben, die mit einer Feinnadel gewonnen werden, sind für eine genaue Diagnostik nicht ausreichend.

Wenn alle Informationen vorliegen, kann das ärztliche Behandlungsteam gemeinsam mit dem Patient:innen beraten, ob und welche Art von Therapie sinnvoll erscheint.

Weiterhin sollte festgestellt werden, ob das Gen MYD88 mutiert ist, da Patient:innen mit nicht mutiertem MYD88-Gen schlechter auf eine alleinige Ibrutinib-Therapie Ansprechen.

 

Histologie

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Die zugrundeliegende Histologie des Morbus Waldenström ist das sogenannte lymphoplasmozytische Lymphom im Knochenmark. Dieser Lymphomtyp zeichnet sich dadurch aus, dass er neben den typischen B-Lymphozyten auch Plasmazellen aufweist, besonders reife B-Lymphozyten, die für die Antikörperproduktion zuständig sind. Diese entarteten Plasmazellen sind auch für die Produktion des IgM zuständig, das sich im Blut der Patienten mit Morbus Waldenström nachweisen lässt und zusammen mit dem Vorliegen des genannten Lymphoms die Erkrankung Morbus Waldenström definiert.

Stadien & Risikofaktoren

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Stadien

Anders als bei den meisten anderen Lymphomen erfolgt die Stadieneinteilung nicht nach der Ann-Arbor-Klassifikation, da der Morbus Waldenström immer auch im Knochenmark zu finden ist und damit bei allen Patienten ein fortgeschrittenes Stadium vorliegt. Mit Hilfe von Risikofaktoren versucht man den Krankheitsverlauf abzuschätzen.

Risikofaktoren

Anhand einiger einfach zu erhebender Risikofaktoren wird versucht, den wahrscheinlichen Krankheitsverlauf (= Prognose) abzuschätzen. 

Risikofaktoren sind:
•    Alter über 65 Jahre
•    Hämoglobinwert (= Hb) unter 11 g/dl
•    Thrombozyten (= Blutplättchen) unter 100 G/l
•    Beta-2-Mikroglobulin (=ß2-Mikroglobulin) über 3 mg/l
•    IgM Antikörper über 70 g/l

Abhängig davon, ob und wie viele dieser Faktoren zutreffen, unterscheidet man drei Risikogruppen:

•    Gruppe mit niedrigem Risiko: 0-1 Faktoren (außer Alter) treffen zu
•    Gruppe mit mittlerem/intermediärem Risiko: Alter oder 2 Faktoren treffen zu
•    Gruppe mit hohem Risiko: 3-5 Faktoren treffen zu

Das Risikoprofil der Patient:innen hat keinen Einfluss auf die Festlegung ihrer Behandlung. Wie die Erkrankung tatsächlich verläuft, hängt von vielen weiteren Faktoren ab und kann bei jedem Betroffenen anders aussehen. In einigen Fällen können die Erkrankten bei hoher Lebensqualität ohne Therapie viele Jahre asymptomatisch sein, obwohl die Erkrankung unbehandelt langsam schleichend voranschreitet. Ziel der Therapie ist es, die Erkrankung möglichst lange zurückzudrängen und die Lebensqualität der Patient:innen zu erhalten.

Therapie

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Die Notwendigkeit oder der Zeitpunkt einer Therapie hängen in erster Linie davon ab, ob Krankheitszeichen vorliegen oder nicht. Bei Patient:innen, die keine Krankheitssymptome zeigen (= asymptomatischer Verlauf), ist oftmals keine Therapie notwendig. Diese Patient:innen sollten allerdings durch regelmäßige Kontrolluntersuchungen unter engmaschiger Beobachtung bleiben, damit ggf. rechtzeitig eine Therapie eingeleitet werden kann. Diese Art der „Nicht“-Behandlung wird auch als „Watch & Wait“-Strategie bezeichnet (engl.: watch = beobachten; wait = abwarten).

Bei Patient:innen mit Beschwerden (z.B. Leistungsschwäche, häufigere Infekte) oder bei denen sich nach und nach Symptome einstellen, sollte eine Therapie eingeleitet werden. Ein weiterer Grund für den Beginn einer Therapie sind Veränderungen des Blutbildes, zum Beispiel eine Blutarmut (= Anämie). Außerhalb von klinischen Studien können therapiebedürftige Patient:innen als Ersttherapie eine Immunchemotherapie erhalten. Dabei handelt es sich um eine Kombination aus einer Chemotherapie und dem monoklonalen Antikörper Rituximab, der sich an die Oberfläche von Lymphomzellen heftet und dadurch zellzerstörend wirkt (z.B. Rituximab/Bendamustin oder eine Kombination aus Dexamethason, Cyclophosphamid und Rituximab - DRC).

Für Patient:innen, die nicht für eine Chemotherapie geeignet sind, sind Ibrutinib oder Zanubrutinib als Einzelsubstanzen für die Ersttherapie zugelassen: Beide Medikamente hemmen ein Wachstumssignal in den Waldenströmzellen, stellen also keine klassische Chemotherapie mehr dar. Bei Vorliegen einer CXCR4-Mutation ist insbesondere Ibrutinib in Kombination mit Rituximab wirksam. Dabei ist diese Kombination für alle Patienten zugelassen. Weitere wirksame Therapien sind Rituximab in Kombination mit dem Proteasominhibitor Bortezomib. Dieser Wirkstoff hemmt den Eiweißabbau in den Lymphomzellen und stört damit ihr Überleben.

Bei Betroffenen, die nach einer Behandlung einen Rückfall erleiden (= Rezidiv), kann die zuvor gewählte Therapie wiederholt werden, wenn der Rückfall erst nach längerer Zeit, z.B. mehr als zwei Jahren, auftritt. Weitere Optionen sind das Medikament Ibrutinib mit oder ohne Rituximab oder Zanubrutinib. Falls die Kombination aus Bortezomib und Rituximab noch nicht als vorhergehende Therapie verwendet wurde, ist diese auch im Rezidiv eine Option.

Bei jüngeren, fitten Patient:innen mit sehr raschem Rückfall ist die Hochdosis-Chemotherapie mit Sammlung und Rückgabe eigener Stammzellen (= autologe Stammzelltransplantation) ein weiteres Verfahren, um die Krankheit zurückzudrängen. Die allogene Transplantation, bei der den Erkrankten Stammzellen von gesunden Fremd- oder Familienspendern übertragen werden, sollte nur in Ausnahmefällen bei jüngeren Patient:innen mit klinisch aggressivem Verlauf nach einer Therapie mit Ibrutinib oder Zanubrutinib in Betracht gezogen werden, da die Behandlung hohe Risiken und Nebenwirkungen aufweist.

Welches der möglichen Therapieschemata angewendet wird, hängt unter anderem von möglichen Begleiterkrankungen, dem Alter und dem körperlichen Allgemeinzustand der Betroffenen ab und muss in jedem Fall individuell entschieden werden. Leiden Patient:innen aufgrund der vielen „falschen“ Antikörper im Blut unter den Folgen eines Hyperviskositätssyndroms (= Blutverdickung), kann vor der Einleitung einer Immunchemotherapie eine Plasmapherese durchgeführt werden. Bei diesem Verfahren wird der flüssige Bestandteil des Blutes (= Blutplasma) mit Hilfe eines Plasmapheresegerätes ausgetauscht, wodurch auch der hohe Antikörperspiegel im Blut gesenkt wird.

Aufgrund der Seltenheit des Morbus Waldenström sollten Patient:innen, wann immer möglich, im Rahmen klinischer Studien behandelt werden. Das „Europäische Konsortium für den Morbus Waldenström“ (ECWM) möchte die klinische Versorgung von Patient:innen mit Morbus Waldenström weiter optimieren und bietet in Zusammenarbeit mit vielen Kliniken und niedergelassenen Hämato-Onkologen in ganz Deutschland Studien an.

Nebenwirkungen & Spätfolgen

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Nebenwirkungen der Therapie

Chemotherapeutische Wirkstoffe, Antikörper, neuere Medikamente und Stammzelltransplantationen haben neben der erwünschten Zerstörung oder Hemmung der Tumorzellen auch Auswirkungen auf gesunde Zellen, Gewebestrukturen oder Organe. Dabei unterscheidet man zwischen den akuten Nebenwirkungen, die während oder unmittelbar nach der Behandlung auftreten, und den Spätfolgen einer Behandlung. Während sich die akuten Nebenwirkungen meist in einem überschaubaren Zeitrahmen zurückbilden oder durch geeignete Maßnahmen während der Behandlung vermieden oder reduziert werden können, treten Spätfolgen oft erst Jahre nach der Behandlung auf.

Nebenwirkungen von Chemotherapien

Akute Nebenwirkungen der Chemotherapie entstehen dadurch, dass die den Tumor angreifenden Substanzen auch gesunde Körperzellen beeinträchtigen. Betroffen sind insbesondere jene Zellen, die sich schnell teilen, wie z.B. die Schleimhäute in Mund und Darm, die Haarwurzeln und die blutbildenden Zellen des Knochenmarks. Die Stärke der Nebenwirkungen ist abhängig von der Art und Dosierung des Wirkstoffes, sie kann sich aber auch bei jedem Behandelten anders darstellen.

Übelkeit und Erbrechen, die häufig einige Stunden nach einer chemotherapeutischen Behandlung auftreten können, lassen sich durch entsprechende Zusatzmedikamente (= Antiemetika, Arzneimittel gegen Übelkeit und Erbrechen) erheblich abschwächen oder gar verhindern.

Eintretender Haarausfall bildet sich nach dem Abschluss der Therapie fast immer zurück.

Durch die Chemotherapie kommt es außerdem zu einer vorübergehenden Störung der Blutbildung, aus der sich oft eine Blutarmut (= Anämie) entwickelt. Aus der Gesamtproblematik heraus sollte das Blutbild regelmäßig während und nach einer Chemotherapie kontrolliert werden, um rechtzeitig Gegen- oder Vorsichtsmaßnahmen einleiten zu können. In manchen Fällen ist auch die Gabe von Medikamenten erforderlich, die das Wachstum von blutbildenden Zellen anregen. Diese Medikamemte werden meist als Wachstumsfaktoren bezeichnet oder kurz G-CSF für engl. Granulocyte-Colony Stimulating Factor (= dt. Granulozyten-Kolonie stimulierender Faktor). Ganz selten ist eine Bluttransfusion notwendig. Eine Erholung des Blutbildes sollte vor jedem neuen Chemotherapiezyklus eingetreten sein.

Auch die Herz- und Lungenfunktion sollten während und nach einer Chemotherapie regelmäßig überprüft werden. Ob diese durch die Chemotherapie beeinträchtigt werden, ist wiederum von den eingesetzten Medikamenten und der Gesamtdosis abhängig und kann sich bei jedem Behandelten anders darstellen. Manche Patient:innen entwickeln als langfristige Folge der Chemotherapie eine Herzschwäche.

Einzelne chemotherapeutische Wirkstoffe, insbesondere das Vincristin, können Schmerzen oder Gefühlsstörungen (Kribbeln, Pelzigkeitsgefühl) an Händen und Füßen auslösen. Diese nach und nach einsetzende Nebenwirkung wird mit dem Fachwort „Polyneuropathie“ bezeichnet. Je nach Ausmaß der Beschwerden sollte während der Therapie erwogen werden, das verursachende Medikament zu reduzieren oder ganz weg zu lassen. Meist entwickelt sich diese Gefühlsstörung dann zurück. Einige Patient:innen berichten aber auch von länger anhaltenden Polyneuropathien.


Als seltene, aber schwerwiegende Langzeitfolge nach einer Chemotherapie gilt das erhöhte Risiko, einige Jahre später Sekundärtumore zu entwickeln. Dabei handelt es sich um eine erneute Krebserkrankung, die wieder das lymphatische System betreffen kann, aber auch das Blut oder andere Organe.

Verträglichkeit des Antikörpers Rituximab

Der Antikörper Rituximab ist vergleichsweise gut verträglich, aber ebenfalls nicht frei von Nebenwirkungen. Insbesondere während der ersten Infusion kommt es bei einigen Patient:innen zu Fieber und Schüttelfrost. Manche Patient:innen berichten auch über Übelkeit, Schwäche, Kopfschmerzen, Atembeschwerden, Schwellungen im Mund oder Rachenraum und Hautausschlag. Diese Beschwerden beginnen und enden meist innerhalb der Zeit, in der die Infusion durchläuft und können durch Zusatzmedikamente gut behandelt werden. Ursache dieser Nebenwirkungen kann die Überempfindlichkeit gegen den aus Eiweiß bestehenden Antikörper sein. Bei Betroffenen mit einer großen Tumorlast (= viele Lymphomzellen im Körper) treten die Nebenwirkungen auch bedingt dadurch auf, dass durch den Antikörper in relativ kurzer Zeit große Mengen von Tumorzellbestandteilen im Körper freigesetzt werden. Diese Beschwerden würden dann von Behandlung zu Behandlung abnehmen, da auch die Menge der Tumorzellen kontinuierlich im Verlauf der Therapie abnimmt.

Verträglichkeit des BTK-Inhibitors Ibrutinib

Die Einnahme des Kinaseinhibitors Ibrutinib kann häufig zu einem erhöhten Blutungsrisiko führen, daher dürfen bestimmte andere Medikamente, die ebenfalls das Blutungsrisiko erhöhen, wie z.B. Warfarin, nicht zusammen mit Ibrutinib eingenommen werden. Ebenfalls häufig können Fieber, Schüttelfrost, Körperschmerzen, Müdigkeit, Erkältungs- oder Grippesymptome auftreten. Infektionen durch Viren, Bakterien oder Pilze sowie Infektionen der Nase und Nasennebenhöhlen, des Rachens oder der Lunge zählen ebenfalls zu den häufigen Nebenwirkungen.  

Risiken der autologen Stammzelltransplantation

Ein Vorteil der autologen Stammzelltransplantation besteht darin, dass sich die übertragenen „eigenen“ Zellen auf jeden Fall mit dem Körper vertragen. Allerdings dauert es trotzdem mehrere Wochen, bis die Blutbildung und die Produktion von Abwehrzellen durch die übertragenen Stammzellen wieder in Gang gekommen ist. Mögliche Risiken und Belastungen ergeben sich in einem Zeitraum niedriger Leukozytenwerte (meistens ca. zwei Wochen nach der vorausgehenden Hochdosistherapie. In dieser Zeit sind die behandelten Personen abwehrgeschwächt und müssen stationär überwacht werden, um schwere Infektionen zu vermeiden bzw. um unmittelbar mit Antibiotika behandelt zu werden. Nach ca. drei Wochen können die Patient:innen in der Regel entlassen werden, aber häufig dauert es noch einige Wochen, bis der Allgemeinzustand vollständig wiederhergestellt ist.

Risiken der allogenen Stammzelltransplantation?

Speziell die allogene Stammzelltransplantation ist eine risikoreiche und belastende Behandlung, die nur in hochspezialisierten Transplantationszentren mit sterilen Isolierstationen durchgeführt werden kann. Risiken und Belastungen ergeben sich einerseits aus der vorausgehenden Hochdosistherapie (= Chemotherapie und ggf. Strahlentherapie), die das Knochenmark zerstört und die Immunabwehr des Erkrankten gänzlich zum Erliegen bringt. In dieser Zeit muss alles getan werden, um eine Infektion mit Krankheitserregern zu vermeiden. Welche konkreten vorbeugenden Maßnahmen und Verhaltensregeln sinnvoll sind, wird individuell in einem Aufklärungsgespräch im Transplantationszentrum besprochen.

Bei der allogenen Transplantation besteht zusätzlich die Gefahr, dass die transplantierten Stammzellen nicht im Knochenmark „anwachsen“. Und obwohl bei der allogenen Transplantation auf eine größtmögliche Übereinstimmung bestimmter Gewebemerkmale (= HLA-Merkmale) zwischen der spendenen und der empfangenden Person geachtet wird, tritt dennoch häufiger eine Unverträglichkeit der übertragenen Spenderzellen mit den Organen und dem Gewebe des Empfängers auf. Dies kann dazu führen, dass sich die übertragenen Abwehrzellen gegen die eigenen Gewebezellen richten. Schäden an Haut, Darm und Leber, die mitunter auch lebensbedrohlich werden, können die Folge sein. Eine solche Reaktion wird als Transplantat-gegen-Wirt- Reaktion bezeichnet. Diese Immunreaktion muss dann über einen längeren Zeitraum durch Medikamente (= Immunsuppressiva) unterdrückt werden und verlängert die Zeit, in der diese Patient:innen einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt sind.

Nachsorge

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Da durch die oben beschriebenen Therapien in der Regel zwar eine langjährige Beseitigung der Symptome erreicht werden kann, ohne jedoch eine Heilung zu erzielen, muss in regelmäßigen Abständen geprüft werden, ob die Krankheit erneut voranschreitet. Solche Verlaufskontrollen sind in den ersten zwei Jahren ab Therapieende alle drei Monate sinnvoll. Ab dem dritten Jahr können die Abstände zwischen den Kontrolluntersuchungen auch auf sechs bis zwölf Monate ausgedehnt werden. Bei den Nachsorgeuntersuchungen wird auch geschaut, ob Langzeitnebenwirkungen (z. B. Zweittumore) erkennbar sind.

Im Mittelpunkt dieser Nachsorgeuntersuchungen stehen in der Regel:

  • Erfragen der Krankengeschichte und körperliche Untersuchung
  • Blutentnahme zur Feststellung des Blutbildes und des Differentialblutbildes (= großes Labor)
  • Feststellung der LDH- sowie der Leber- und Nierenwerte
  • Kontrolle der ursprünglichen Krankheitsherde
  • Gegebenenfalls weiterführende Untersuchungen je nach Befunden oder Beschwerden, z.B.: Ultraschall (= Sonografie) und Computertomografie (CT) bei Lymphknotenvergrößerungen im Bauch oder Magen, Dickdarmspiegelung bei Magen-/Darmbefall.

Ausblick

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Wie bei anderen Lymphomen auch, wird durch die oben beschriebenen Therapien sehr häufig eine langjährige Beseitigung der Symptome erreicht, ohne jedoch eine Heilung erzielen zu können. In einigen Fällen können die Erkrankten bei hoher Lebensqualität ohne Therapie viele Jahre asymptomatisch sein, obwohl die Erkrankung unbehandelt langsam schleichend voranschreitet. Ziel der Therapie ist es, die Erkrankung möglichst lange zurückzudrängen und die Lebensqualität der Patient:innen zu erhalten.

Die Therapie von Patient:innen mit Morbus Waldenström sollte durch Fachärzt:innen für Hämatologie und Onkologie erfolgen. Für die stetige Verbesserung der Therapie und aufgrund der Seltenheit dieser Erkrankung ist die Behandlung möglichst vieler Patient:innen im Rahmen von klinischen Studien von großer Bedeutung. Das „Europäische Konsortium für den Morbus Waldenström“ (ECWM) möchte die klinische Versorgung von Patient:innen mit Morbus Waldenström weiter optimieren und bietet in Zusammenarbeit mit vielen Kliniken und niedergelassenen Hämato-Onkologen in ganz Deutschland Studien an. Das Konsortium ist Mitglied im Kompetenznetz Maligne Lymphome e.V. (KML) und wird vom Universitätsklinikum und Comprehensive Cancer Center Ulm aus koordiniert.

Im KML-Lymphomstudienregister finden Behandelnde und Erkrankte alle wichtigen Informationen über aktuelle Studien zum Morbus Waldenström und können nach Krankenhäusern und Facharztpraxen suchen, die an diesen Studien teilnehmen und dadurch auf die Behandlung des Morbus Waldenström spezialisiert sind.

Literatur

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Die Fortschritte der Therapieoptimierung beim Morbus Waldenström spiegeln sich in den Publikationen wider, an denen das Europäische Konsortium für den Morbus Waldenström beteiligt ist und die über die Literaturdatenbank PubMed online recherchiert werden können:

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/?term=waldenstrom+macroglobulinemia+Buske