Häufigkeit

Einen entscheidenden Wendepunkt in der Häufigkeit des Auftretens von HIV-Lymphomen findet sich mit der Einführung der kombinierten antiretroviralen Therapie (cART) im Jahre 1996, wodurch eine effektive Kontrolle der HIV-Infektion gelang und die Anzahl der Helferzellen angehoben werden konnte. Vor der Einführung der cART war die Inzidenz beispielsweise aggressiver NHL bei HIV-positiven Menschen um das 60- bis 200-Fache gegenüber der HIV-negativen Bevölkerung erhöht. Nach Einführung der cART ist die Inzidenz deutlich zurückgegangen, sie liegt jedoch immer noch 4- bis 16-fach über jener von HIV-negativen Menschen. Das Risiko für die Entwicklung eines HIV-assoziierten HL ist um das 7-bis 28-Fache erhöht, ein eindeutiger Rückgang ist seit Einführung der cART bisher jedoch nicht erkennbar.

Unter den HIV-assoziierten NHL finden sich fast ausschließlich aggressive Lymphome, am häufigsten diffuse großzellige B-Zell-Lymphome (DLBCL) (Anteil 36–53 %), gefolgt von Burkitt-Lymphomen (BL) (12–35 %). Deutlich seltener finden sich primäre Erguss-Lymphome (PEL) oder plasmoblastische Lymphome (PBL), welche praktisch nur bei HIV-infizierten Personen auftreten. Lymphome des zentralen Nervensystems finden sich heute nur noch sehr selten. Auch indolente HIV-Lymphome sind eine Rarität.

Das mediane Alter von Personen mit HIV-Lymphomen liegt zwischen 40 und 45 Jahren. Über 90 % der Betroffenen sind männlich. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass sich Männer häufiger mit HIV infizieren als Frauen (ca. 4:1 in Deutschland).

Ursache

Grundsätzlich kann jeder HIV-positive Mensch ein Lymphom entwickeln. Es wurde aber beobachtet, dass das Risiko für ein Lymphom und auch für andere Krebserkrankungen mit abnehmender Anzahl der Helferzellen steigt; insbesondere Personen mit Helferzellen unter 100/μl sind besonders gefährdet. Somit wird die Entstehung eines Lymphoms durch eine HIV-bedingte Immunschwäche begünstigt. Die Ursachen für die Entwicklung eines HIV-Lymphoms sind jedoch vielfältig – denn so verschiedenartig das Erscheinungsbild der Lymphome ist, so unterschiedlich sind auch die möglichen Entstehungsmechanismen (Pathogenese). Auslöser kann beispielsweise eine sogenannte chronische Antigenstimulation sein. Sie entsteht, wenn sich das Immunsystem über längere Zeit mit anderen und fremden Eiweißen, genetischen Veränderungen oder auch einer weiteren Virusinfektion auseinandersetzen muss. Bei 40 % der von einem HIV-Lymphom Betroffenen wird das Epstein-Barr-Virus (EBV) gefunden.

Das seltene primäre Erguss-Lymphom ist praktisch immer mit einer Infektion durch das humane Herpes-Virus 8 (HHV8) assoziiert. Darüber hinaus gibt es weitere Veränderungen, die in Zusammenhang mit der Entwicklung eines HIV-Lymphoms stehen können. So finden sich bei einigen Betroffenen erhöhte Werte für bestimmte Botenstoffe (z.B. die Interleukine IL-6 oder IL-10) oder auch erhöhte Spiegel von sogenannten freien Immunglobulin-Leichtketten im Blut. Diese Auffälligkeiten können auch schon vor Ausbildung des Lymphoms auftreten, ihre genaue Einordnung im Rahmen der Entwicklung eines HIV-Lymphoms ist aber bisher unklar.