Das follikuläre Lymphom (FL) ist eine Erkrankung der B-Lymphozyten. Diese Zellen gehören zu den weißen Blutzellen und sind in unserem Immunsystem für die Abwehr von Erregern zuständig. Beim FL vermehren sich bösartig veränderte B-Lymphozyten unkontrolliert vor allem in den Lymphknoten, aber auch im Knochenmark oder seltener im Blut, in der Milz oder in den Schleimhäuten. Typischerweise entwickelt sich das follikuläre Lymphom über Jahre schleichend, sodass die Diagnose oft zufällig gestellt wird. Aufgrund seines langsamen Wachstums gehört das FL zu den indolenten (= langsam wachsenden) Lymphomen. In seltenen Fällen kann sich das Wachstum der Zellen jedoch verändern und es entstehen zunehmend sich schnell teilende Lymphomzellen. Zeigt das follikuläre Lymphom eine stark erhöhte Anzahl an sich schnell teilenden Tumorzellen, wird es den aggressiven Lymphomen zugeordnet. Diese Unterscheidung ist wichtig, da indolente und aggressive Lymphome unterschiedlich behandelt werden.

Häufigkeit & Ursache

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Nach aktuellen Angaben des Robert-Koch-Instituts erkranken jedes Jahr rund 3.000 Menschen neu an einem follikulären Lymphom. Damit ist das FL eine eher seltene Krebserkrankung, gehört aber nach dem Multiplen Myelom, der CLL und dem diffus großzelligen B-Zell-Lymphom (DLBCL) zu den vier häufigsten Lymphomarten.

Das follikuläre Lymphom beginnt in fast allen Fällen mit einer zufälligen Veränderung der genetischen Information (= erworbene Mutation, die jedoch nicht direkt vererbt werden kann) eines einzelnen B-Lymphozyten. Aufgrund eines fehlerhaften Austauschs von Genabschnitten gerät der natürliche Kreislauf der Zelle außer Kontrolle: Sie stirbt nicht nach einer vorgesehenen Zeit ab, sondern teilt sich und gibt den „Fehler“ an sämtliche Tochterzellen weiter. Anders als reguläre B-Lymphozyten sind diese Tumorzellen für die Immunabwehr untauglich.

Das follikuläre Lymphom ist eine Erkrankung, die mit fortschreitendem Alter zunimmt. Betroffene, bei denen ein FL erstmals diagnostiziert wird, sind im Mittel um die 60 Jahre alt. Frauen erkranken geringfügig häufiger als Männer. Die genauen Ursachen der Erkrankung sind nicht bekannt. Die Tumorzellen des FL zeigen Veränderungen an den Genen, man weiß jedoch nicht, wodurch diese entstehen. Es gibt keinen Hinweis auf eine ererbte Veranlagung. Ob Umgebungsfaktoren das Erkrankungsrisiko erhöhen können, ist bislang nur ungenau erforscht. Ungeklärt ist auch, warum das follikuläre Lymphom in Asien erheblich seltener auftritt als in den westlichen Industrieländern.

Symptome

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Nicht selten werden follikuläre Lymphome zufällig entdeckt, bevor sie konkrete Beschwerden verursachen. Wenn Krankheitszeichen auftreten, handelt es sich um meist schmerzlose Vergrößerungen von Lymphknoten, z.B. im Bauchraum, die manchmal andere Organe in ihrer Funktion behindern. Einige Erkrankte (ca. 20 Prozent) haben sogenannte B-Symptome wie Fieber (über 38 Grad Celsius) ohne erkennbare Ursache, eine Gewichtabnahme von mehr als 10 Prozent des Körpergewichtes innerhalb von sechs Monaten oder nächtliches Schwitzen, typischerweise zwischen 2 und 5 Uhr morgens. Wenn sich das FL auch im Knochenmark ausgebreitet hat, wird die normale Blutbildung unterdrückt. Die daraus entstehende Blutarmut führt zu Müdigkeit und Leistungsschwäche. Fehlende rote Blutzellen (= Erythrozyten) lassen die Haut blass erscheinen. Der Mangel an weißen Blutzellen (= Leukozyten) kann häufigere Infekte zur Folge haben. Durch den Mangel an Blutplättchen (= Thrombozyten) kommt es selten auch zu Blutergüssen ohne erkennbare Ursache, Nachblutungen bei kleinen Verletzungen oder kleinen, Flohstichartigen Blutpünktchen vor allem an den Beinen und Füßen.

Diagnose

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Entnahme und Untersuchung von Lymphknotengewebe

Für die sichere Diagnose ist die Untersuchung von Lymphknotengewebe, am besten durch auf Lymphome spezialisierte Fachärzt:innen für Pathologie, erforderlich. Hierfür sollte nach Möglichkeit ein vollständiger Lymphknoten operativ entfernt werden. Ist ein betroffener Lymphknoten nur schwer zugänglich, können alternativ auch größere Gewebeproben mittels einer Stanzbiopsie entnommen werden. Proben, die mit einer Feinnadel gewonnen wurden, sind für eine genaue Diagnostik nicht ausreichend.

Gemäß der 4. WHO-Klassifikation für Lymphome wird der Reifegrad der FL-Zellen in die Grade 1, 2, 3A oder 3B (= Grading) eingestuft. Ein FL mit dem Grad 1, 2 oder 3A wird als indolent (= langsam wachsend) bezeichnet, FL mit dem Grad 3B werden als aggressives (= schnell wachsendes) Lymphom betrachtet. In der neuesten 5. WHO-Klassifikation wird das Grading beim FL nicht mehr verwendet, sondern es wird zwischen dem klassischen FL (umfasst die früheren Grad 1, 2 und 3A FL) und dem follikulären großzelligen B-Zellymphom (früheres Grad 3B FL) unterschieden.

Nach der Diagnosestellung werden außerdem Untersuchungen zur Ausbreitung des FL im Körper durchgeführt (Staging = Stadienbestimmung). Dabei spielen die körperliche Untersuchung durch Abtasten und Ultraschall, das CT und die Knochenmarkbiopsie eine entscheidende Rolle. Die Positronenemissionstomografie (PET-Untersuchung) ist beim follikulären Lymphom derzeit keine klinische Routineuntersuchung.

Histologie

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Das follikuläre Lymphom (FL) ist eine Erkrankung des lymphatischen Systems, bei der sich bösartig veränderte B-Lymphozyten – sie gehören zu den weißen Blutzellen und sind für unsere Immunabwehr zuständig – unkontrolliert vermehren.

Aufgrund seines langsamen Wachstums gehört das follikuläre Lymphom zu den indolenten (= langsam wachsenden) Lymphomen. In seltenen Fällen kann sich das Wachstum der Zellen jedoch verändern, und es entstehen zunehmend sich schnell teilende Lymphomzellen. Zeigt das follikuläre Lymphom eine stark erhöhte Anzahl an sich schnell teilenden Tumorzellen, wird es den aggressiven Lymphomen zugeordnet. Diese Unterscheidung ist wichtig, da indolente und aggressive Lymphome unterschiedlich behandelt werden.

Stadium & Risikofaktoren

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Ausbreitung des FL im Körper

Die Ann-Arbor-Klassifikation unterscheidet vier Stadien:

    Stadium I: Befall einer einzigen Lymphknotenregion
    Stadium II: Befall von zwei oder mehr Lymphknotenregionen auf einer Seite des Zwerchfells
    Stadium III: Befall von zwei oder mehr Lymphknotenregionen auf beiden Seiten des Zwerchfells
    Stadium IV: diffuser Organbefall, z.B. Knochenmark, Leber

Gibt es eine Beteiligung von Organen und Gewebe außerhalb der Lymphknoten, wird das mit einem „E“ für „extranodal“ (lateinisch extra = außerhalb, lateinisch nodus = Knoten) kenntlich gemacht. 

Zusätzlich zum Stadium wird mit einem Kürzel angegeben, ob Betroffene an B-Symptomen (Fieber über 38 Grad Celsius und/oder Nachtschweiß und/ oder Gewichtsverlust) leiden. Der Zusatz A bedeutet, dass keine B-Symptome vorliegen, der Zusatz B sagt aus, dass Erkrankte B-Symptome haben.

Bei über 80 Prozent der Patient:innen wird das follikuläre Lymphom erst in einem fortgeschrittenen Stadium entdeckt. Nur bei wenigen Betroffenen wird es in einem frühen, lokalisierten Stadium festgestellt.

Risikofaktoren

Der wahrscheinliche Krankheitsverlauf (= Prognose) kann anhand einfach zu erhebender Faktoren in Form eines Risikoprofils abgeschätzt werden.

Diese Faktoren sind:

  •     Alter über 60 Jahre
  •     Hämoglobinwert (= Hb) von unter 12 g/dl
  •     erhöhte Laktatdehydrogenase (= LDH)
  •     mehr als vier befallene Lymphknotenregionen
  •     Stadium III oder IV

Abhängig davon, ob und wie viele dieser Faktoren zutreffen, unterscheidet man im so genannten Follicular Lymphoma International Prognostic Index (= FLIPI) drei Risikogruppen: niedrig (= 0-1 Faktoren), mittel/intermediär (= 2 Faktoren) und hoch (= 3-5 Faktoren). Das Risikoprofil eines Erkrankten hat jedoch außerhalb von klinischen Studien derzeit keinen Einfluss auf die Festlegung der Behandlung.

 

Therapie

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Indolentes follikuläres Lymphom (Grad 1, 2 oder 3A)

Die Therapie des indolenten follikulären Lymphoms (Grad 1, 2 oder 3A) richtet sich nach dem Krankheitsstadium und dem körperlichen Allgemeinzustand der Patient:innen.

Beim lokalisierten Stadium (Stadium I und II) ist die Bestrahlung der betroffenen Lymphknotenregionen mit einer Strahlendosis von 24-30 Gy (= Gray) mit oder ohne die zusätzliche Gabe von Rituximab der derzeitige Standard.

In den fortgeschrittenen Stadien III und IV wird im Gegensatz zu den frühen Stadien nur bei Auftreten von Krankheitszeichen mit der Behandlung begonnen. Wenn Betroffene keine Beschwerden haben, ist eine Behandlung nicht erforderlich, die Patient:innen werden aber engmaschig überwacht (= Watch & Wait-Strategie). Stellen sich Beschwerden ein, z.B. B-Symptome, Blutarmut oder eine rasch zunehmende Vergrößerung von Lymphknoten, sollte eine Therapie eingeleitet werden. Standardtherapie ist eine Kombination des anti-CD20 Antikörpers Rituximab (R) oder Obinutuzumab (O) mit einer Chemotherapie wie z.B. Bendamustin oder dem CHOP-Schema, das aus den Wirk­stoffen Cyclophosphamid (C), Vincristin (H), Doxorubicin (O) und Prednison (P) besteht. Anschließend wird eine Erhaltungstherapie mit Rituximab oder Obinutuzumab (bei Erstbehandlung alle 2 Monate über 2 Jahre) durchgeführt. Für ältere Patient:innen, die an Begleiterkrankungen leiden und keine intensivere Therapie vertragen, ist eine alleinige Rituximab-Therapie eine gute Möglichkeit, die Erkrankung zurückzudrängen.

Behandlung eines Rückfalls

Bei einem Rückfall sollte auf jeden Fall eine erneute diagnostische Untersuchung des betroffenen Lymphknotens erfolgen, da indolente FL in einigen Fällen in aggressive FL übergehen können. Handelt es sich bei einem Rückfall erneut um ein indolentes, follikuläres Lymphom, hängt die Therapie von der gewählten Erstbehandlung ab. Oft kann nochmals mit Erfolg eine mit Rituximab kombinierte Chemotherapie durchgeführt werden. Allerdings tauscht man dabei in den meisten Fällen die Wirkstoffe der Che­motherapie aus (z.B. nach anfänglicher Therapie mit R-CHOP kann im Rückfall R-Bendamustin verwendet werden). Eine weitere wichtige Therapieoption im Rezidiv ist die Kombination aus Rituximab und Lenalidomid, die in der Regel über ein Jahr gegeben wird.

Bei jüngeren, fitten Patient:innen mit eher raschem Rückfall ist die Hochdosis-Chemotherapie mit Rückgabe eigener Stammzellen (= autologe Stammzelltransplantation) ein effektives und sicheres Verfahren. Die allogene Transplantation, bei der Erkrankten Stammzellen von gesunden Fremd- oder Familienspendern übertragen werden, wird nur in Ausnahmefällen bei jüngeren Menschen mit klinisch aggressivem Verlauf in Betracht gezogen, da die Behandlung hohe Risiken und Nebenwirkungen aufweist. 

Für Patient:innen, die nicht für eine Hochdosistherapie geeignet sind oder einen weniger raschen klinischen Verlauf haben, ist die Kombination Rituximab/Lenalidomid eine viel angewendete effektive Therapie, die im Rezidiv zugelassen ist. Kürzlich zugelassen wurden der bi-spezische Antikörper Mosunetuzumab (dieser bindet sowohl an die Lymphomzellen als auch an die gesunden T-Zellen und führt dadurch zu einem Abtöten der Lymphomzellen) sowie die CAR-T-Zellprodukte Tisagenlecleucel für Patienten mit mindestens zwei vorhergehenden Therapien und Axicabtagen-Ciloleucel für Patienten nach mindestens drei vorhergehenden Therapien. Die CAR-T-Zell-Produkte sind genetisch veränderte T-Zellen des Patienten, die nach der Re-Infusion bei den Patient:innen sehr effektiv Lymphomzellen bekämpfen können. Die KML-Broschüre zur CAR-T-Zell-Therapie informiert über diesen neuen Therapieansatz. Eine weitere für das follikuläre Lymphom zugelassene Substanz ist der Wirkstoff Idelalisib. Er hemmt den B-Zellrezeptor und damit das Wachstum der Lymphomzellen. Insbesondere bei Betroffenen, die auf zwei vorangegangene Therapien nicht mehr Ansprechen, ist dieser Wirkstoff eine Therapieoption. Aufgrund eines erhöhten Risikos für Infektionen mit Bakterien oder Viren sollte Idelalisib nur zusammen mit vorbeugenden antibakteriellen Maßnahmen und bei regelmäßiger Kontrolle gegeben werden. 

Weiterhin ist die Kombination aus dem Antikörper Obinutuzumab und Bendamustin gefolgt von einer zweijährigen Obinutuzumab-Erhaltung für die Behandlung von Erkrankten zugelassen, deren follikuläres Lymphom nicht auf Rituximab anspricht. Sie kann die Erkrankung über längere Zeit zurückdrängen. Aggressive follikuläre Lymphome (Grad 3B bzw. follikuläre großzellige B-Zell-Lymphome) werden wie „diffus großzellige B-Zell-Lymphome“ behandelt. Ausführliche Informationen dazu können beim KML angefordert oder hier abgerufen werden.

Nebenwirkungen & Spätfolgen

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Für alle hier beschriebenen Therapiemöglichkeiten gilt leider die Regel: Keine Wirkung ohne Nebenwirkung. Bestrahlungen, chemotherapeutische Wirkstoffe, Antikörper, neuere Medikamente und Stammzelltransplantationen haben neben der erwünschten Zerstörung oder Hemmung der Tumorzellen auch Auswirkungen auf gesunde Zellen, Gewebestrukturen oder Organe. Dabei unterscheidet man zwischen den akuten Nebenwirkungen, die während oder unmittelbar nach der Behandlung auftreten, und den Spätfolgen einer Behandlung. Während sich die akuten Nebenwirkungen meist in einem überschaubaren Zeitrahmen zurückbilden oder durch geeignete Maßnahmen während der Behandlung vermieden oder reduziert werden können, treten Spätfolgen oft erst Jahre nach der Behandlung auf.

Nebenwirkungen von Chemotherapien

Akute Nebenwirkungen der Chemotherapie entstehen dadurch, dass die den Tumor angreifenden Substanzen auch gesunde Körperzellen beeinträchtigen. Betroffen sind insbesondere jene Zellen, die sich schnell teilen, wie z.B. die Schleimhäute in Mund und Darm, die Haarwurzeln und die blutbildenden Zellen des Knochenmarks. Die Stärke der Nebenwirkungen ist abhängig von der Art und Dosierung des Wirkstoffes, sie kann sich aber auch bei jedem Behandelten anders darstellen.

Übelkeit und Erbrechen, die häufig einige Stunden nach einer chemotherapeutischen Behandlung auftreten können, lassen sich durch entsprechende Zusatzmedikamente (= Antiemetika, Arzneimittel gegen Übelkeit und Erbrechen) erheblich abschwächen oder gar verhindern. Eintretender Haarausfall bildet sich nach dem Abschluss der Therapie fast immer zurück.

Durch die Chemotherapie kommt es außerdem zu einer vorübergehenden Störung der Blutbildung, aus der sich oft eine Blutarmut (= Anämie) entwickelt. Obwohl Patient:innen die Anämie nicht so schnell bemerken, ist besondere Vorsicht geboten. Denn fehlende weiße Blutzellen (= Leukopenie) und insbesondere das Fehlen von neutrophilen Granulozyten (= Neutropenie) erhöhen über mehrere Tage das Risiko, an einer lebensbedrohlichen Infektion zu erkranken, insbesondere im Bereich der Atmungsorgane. Um Lungenentzündungen oder Infekten im Mund oder im Hals- und Rachenraum vorzubeugen, empfehlen sich bei sehr niedrigen Leukozytenwerten (weniger als 1.000 Leukozyten pro Mikroliter) besondere Vorsichtsmaßnahmen, wie z.B. die Vermeidung von Menschenansammlungen oder die vorbeugende Einnahme von Antibiotika. Dass auch die roten Blutzellen geschädigt sind, zeigt ein sehr niedriger Hämoglobin-Spiegel (= Hb-Wert) im Blut an. Ein Mangel dieses Sauerstoffbindenden Blutfarbstoffs kann zu allgemeiner Schwäche, leichter Ermüdbarkeit und Kurzatmigkeit führen. Ein Mangel an Blutplättchen (= Thrombopenie) führt in seltenen Fällen zu spontanen Blutungen.

Aus der Gesamtproblematik heraus sollte das Blutbild regelmäßig während und nach einer Chemotherapie kontrolliert werden, um rechtzeitig Gegen- oder Vorsichtsmaßnahmen einleiten zu können. In manchen Fällen ist auch die Gabe von Medikamenten erforderlich, die das Wachstum von blutbildenden Zellen anregen. Diese Medikamente werden meist als Wachstumsfaktoren bezeichnet oder kurz G-CSF für engl. Granulocyte-Colony Stimulating Factor (= dt. Granulozyten-Kolonie stimulierender Faktor). Ganz selten ist eine Bluttransfusion notwendig. Eine Erholung des Blutbildes sollte vor jedem neuen Chemotherapiezyklus eingetreten sein. Auch die Herz- und Lungenfunktion sollten während und nach einer Chemotherapie regelmäßig überprüft werden. Ob diese durch die Chemotherapie beeinträchtigt werden, ist wiederum von den eingesetzten Medikamenten und der Gesamtdosis abhängig und kann sich bei jedem Behandelten anders darstellen. Manche Patient:innen entwickeln als langfristige Folge der Chemotherapie eine Herzschwäche.

Einzelne chemotherapeutische Wirkstoffe, insbesondere das Vincristin, können Schmerzen oder Gefühlsstörungen (Kribbeln, Pelzigkeitsgefühl) an Händen und Füßen auslösen. Diese nach und nach einsetzende Nebenwirkung wird mit dem Fachwort „Polyneuropathie“ bezeichnet. Je nach Ausmaß der Beschwerden sollte während der Therapie erwogen werden, das verursachende Medikament zu reduzieren oder ganz weg zu lassen. Meist entwickelt sich diese Gefühlsstörung dann zurück. Einige Patient:innen berichten aber auch von länger anhaltenden Polyneuropathien.

Als seltene, aber schwerwiegende Langzeitfolge nach einer Chemotherapie gilt das erhöhte Risiko, einige Jahre später Sekundärtumore zu entwickeln. Dabei handelt es sich um eine erneute Krebserkrankung, die wieder das lymphatische System betreffen kann, aber auch das Blut oder andere Organe.

Nebenwirkungen der Strahlentherapie

Ob und welche Nebenwirkungen eine Strahlentherapie in den seltenen Fällen mit lokalisiertem Befall verursacht, hängt von der Dosierung der Strahlen ab und davon, ob der ganze Körper oder nur einzelne Körperregionen bestrahlt werden bzw. um welche Körperregionen es sich dabei handelt. Nur wenige Patient:innen erleiden schwere oder bleibende Nebenwirkungen. Bei den meisten Patient:innen treten nur vorübergehende Beschwerden auf, wie z.B. Schleimhautschäden in Mund, Speiseröhre und Darm. Manche berichten nach einigen Tagen auch über zunehmende Müdigkeit, ein allgemeines Krankheitsgefühl, Abgeschlagenheit, Appetitlosigkeit oder Kopfschmerzen. Werden auch das blutbildende Knochenmark des Beckenknochens oder die Wirbelsäule bestrahlt, besteht eine höhere Anfälligkeit für Infekte. Auch durch eine Strahlentherapie können in seltenen Fällen Jahre bis Jahrzehnte später Zweittumore entstehen.

Verträglichkeit des Antikörpers Rituximab und neue Substanzen

Der Antikörper Rituximab ist vergleichsweise gut verträglich, aber ebenfalls nicht frei von Nebenwirkungen. Insbesondere während der ersten Infusion kommt es bei einigen Patient:innen zu Fieber und Schüttelfrost. Manche Patient:innen berichten auch über Übelkeit, Schwäche, Kopfschmerzen, Atembeschwerden, Schwellungen im Mund- oder Rachenraum und Hautausschlag. Diese Beschwerden beginnen und enden meist innerhalb der Zeit, in der die Infusion durchläuft und können durch Zusatzmedikamente gut behandelt werden. Ursache dieser Nebenwirkungen kann die Überempfindlichkeit gegen den aus Eiweiß bestehenden Antikörper sein. Bei Betroffenen mit einer großen Tumorlast (= viele Lymphomzellen im Körper) treten die Nebenwirkungen auch bedingt dadurch auf, dass durch den Antikörper in relativ kurzer Zeit große Mengen von Tumorzellbestandteilen im Körper freigesetzt werden. Diese Beschwerden würden dann von Behandlung zu Behandlung abnehmen, da auch die Menge der Tumorzellen kontinuierlich im Verlauf der Therapie abnimmt.

Verträglichkeit des PI3K-Inhibitors Idelalisib                                             

Idelalisib wird in Tablettenform als Dauertherapie eingesetzt, solange das Lymphom auf die Therapie anspricht und die Therapie gut vertragen wird. Häufige Nebenwirkung sind Darmentzündungen und Durchfälle, die in seltenen Fällen schwerwiegend sein können und unbehandelt zu schweren Komplikationen führen können. Bei Auftreten von Durchfällen ist eine Dosisreduktion oder Absetzen des Idelalisib zu diskutieren. Häufig helfen gegen die Diarrhoen lokale Maßnahmen, in schwereren Fällen muss z.B. mit lokalen oder systemischen Kortisonpräparaten behandelt werden. Weitere Nebenwirkungen sind Infektionen, so dass für die Dauer der Therapie und bis zu 6 Monaten nach Therapieende prophylaktisch Tabletten zum Schutz gegen Infektionen genommen werden. Patienten müssen ggf. auch auf Vorliegen viraler Infektionen getestet werden, da es unter Idelalisib zum Ausbruch von Viruserkrankungen kommen kann.

Risiken der autologen Stammzelltransplantation

Ein Vorteil der autologen Stammzelltransplantation besteht darin, dass sich die übertragenen „eigenen“ Zellen auf jeden Fall mit dem Körper vertragen. Allerdings dauert es trotzdem mehrere Wochen, bis die Blutbildung und die Produktion von Abwehrzellen durch die übertragenen Stammzellen wieder in Gang gekommen ist. Mögliche Risiken und Belastungen ergeben sich in einem Zeitraum niedriger Leukozytenwerte (meistens ca. zwei Wochen nach der vorausgehenden Hochdosistherapie. In dieser Zeit sind die behandelten Personen abwehrgeschwächt und müssen stationär überwacht werden, um schwere Infektionen zu vermeiden bzw. um unmittelbar mit Antibiotika behandelt zu werden. Nach ca. drei Wochen können die Patient:innen in der Regel entlassen werden, aber häufig dauert es noch einige Wochen, bis der Allgemeinzustand vollständig wiederhergestellt ist.

Risiken der autologen Stammzelltransplantation

Speziell die allogene Stammzelltransplantation ist eine risikoreiche und belastende Behandlung, die nur in hochspezialisierten Transplantationszentren mit sterilen Isolierstationen durchgeführt werden kann. Risiken und Belastungen ergeben sich einerseits aus der vorausgehenden Hochdosistherapie (= Chemotherapie und ggf. Strahlentherapie), die das Knochenmark zerstört und die Immunabwehr des Erkrankten gänzlich zum Erliegen bringt. In dieser Zeit muss alles getan werden, um eine Infektion mit Krankheitserregern zu vermeiden. Welche konkreten vorbeugenden Maßnahmen und Verhaltensregeln sinnvoll sind, wird individuell in einem Aufklärungsgespräch im Transplantationszentrum besprochen.

Bei der allogenen Transplantation besteht zusätzlich die Gefahr, dass die transplantierten Stammzellen nicht im Knochenmark „anwachsen“. Und obwohl bei der allogenen Transplantation auf eine größtmögliche Übereinstimmung bestimmter Gewebemerkmale (= HLA-Merkmale) zwischen der spendenen und der empfangenden Person geachtet wird, tritt dennoch häufiger eine Unverträglichkeit der übertragenen Spenderzellen mit den Organen und dem Gewebe des Empfängers auf. Dies kann dazu führen, dass sich die übertragenen Abwehrzellen gegen die eigenen Gewebezellen richten. Schäden an Haut, Darm und Leber, die mitunter auch lebensbedrohlich werden, können die Folge sein. Eine solche Reaktion wird als Transplantat-gegen-Wirt- Reaktion bezeichnet. Diese Immunreaktion muss dann über einen längeren Zeitraum durch Medikamente (= Immunsuppressiva) unterdrückt werden und verlängert die Zeit, in der diese Patient:innen einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt sind.

Nachsorge

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Für alle Patient:innen beginnt nach der Therapie ein engmaschiges Nachsorgeprogramm. Da follikuläre Lymphome durch gegenwärtige Therapien meist nur für eine bestimmte Zeit zurückgedrängt werden können, sollte in regelmäßigen Abständen kontrolliert werden, ob die Krankheit zurückgekehrt ist. Außerdem wird darauf geachtet, ob sich durch die Therapie Langzeitfolgen abzeichnen, wie zum Beispiel Zweittumore oder Herzerkrankungen. In den ersten zwei Jahren nach einer Therapie erfolgen diese Nachsorgeuntersuchen in der Regel im Abstand von drei Monaten. Ab dem dritten Jahr können die Abstände zwischen den Kontrolluntersuchungen auch auf sechs bis zwölf Monate ausgedehnt werden.

Im Mittelpunkt dieser Nachsorgeuntersuchungen stehen in der Regel:

  • Erfragen der Krankengeschichte und körperliche Untersuchung
  • Blutentnahme zur Feststellung des Blutbildes und des Differentialblutbildes (= großes Labor)
  • Feststellung der LDH- sowie der Leber- und Nierenwerte
  • Kontrolle der ursprünglichen Krankheitsherde
  • Gegebenenfalls weiterführende Untersuchungen je nach Befunden oder Beschwerden, z.B.: Ultraschall (= Sonografie) und Computertomografie (CT) bei Lymphknotenvergrößerungen im Bauch oder Magen, Dickdarmspiegelung bei Magen-/Darmbefall.

Ausblick

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Bei den lokalisierten Stadien I und II kann die Krankheit durch die Bestrahlung mit oder ohne Rituximab über viele Jahre zurückgedrängt und möglicherweise geheilt werden. Die Chance, innerhalb von 10 Jahren keinen Rückfall zu erleiden, beträgt etwa 85 Prozent für Erkrankte im Stadium I. Für Patient:innen im Stadium II oder mit deutlich vergrößerten Lymphknoten (3-5 cm) liegt die Chance bei 35 Prozent.

Bei Betroffenen mit fortgeschrittener Erkrankung wird durch die zur Verfügung stehenden Therapien ebenfalls sehr häufig eine langjährige krankheitsfreie Zeit erreicht. Allerdings existiert derzeit keine Standardtherapie, die eine Heilung in den Stadien III und IV erreichen kann. Von der stetigen Entwicklung neuer Therapien erhofft man sich jedoch, das Leben dieser Menschen ohne größere Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität deutlich verlängern zu können.

Die Therapie von Erkrankten mit follikulärem Lymphom sollte durch niedergelassene oder in Kliniken tätige Fachärzt:innen für Hämatologie und Onkologie erfolgen. Für die stetige Verbesserung der FL-Therapie ist jedoch die Behandlung im Rahmen von klinischen Studien von entscheidender Bedeutung. Für Patient:innen mit lokalisierten als auch mit fortgeschrittenen Stadien werden deutschlandweit an sehr vielen Behandlungszentren klinische Studien angeboten. Diese werden von der German Lymphoma Alliance (GLA) und der Ostdeutschen Studiengruppe für Hämatologie und Onkologie (OSHO) koordiniert.

Beide Studiengruppen sind Mitglied im Kompetenznetz maligne Lymphome e.V. (KML). Im KML-Lymphomstudienregister finden Behandelnde und Betroffene alle wichtigen Informationen über aktuelle Studien zum follikulären Lymphom und können nach Krankenhäusern und hämato-onkologischen Schwerpunktpraxen suchen, die an diesen Studien teilnehmen und dadurch auf die Behandlung von Menschen mit follikulärem Lymphom spezialisiert sind.