6. CAR-T-Zell-Therapie
Eine neue Therapie für Patienten im Rückfall ist die sogenannte CAR-T-Zell-Therapie. Bei dieser Therapie werden dem Patienten sogenannte T-Zellen aus dem Blut entnommen. Diese Zellen werden an ein Herstellerlabor geschickt und gentechnisch so verändert, dass ein künstlicher Rezeptor eingebaut wird, der das bei Lymphomen häufige Antigen CD19 erkennt. Diese Zellen werden zur Vermehrung angeregt und dann dem Patienten mit Hilfe einer Infusion zurückgegeben. Durch den Kontakt der CAR-T-Zellen mit den Lymphomzellen werden die Lymphomzellen abgetötet. Diese Therapie ist bei erwachsenen Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem diffus großzelligem B-Zell-Lymphom (DLBCL) und primär mediastinalem großzelligem B-Zell-Lymphom (PMBCL) nach zwei oder mehr systemischenTherapien zugelassen.
Was sind CAR-T-Zellen und was ist das Besondere an diesem Therapieprinzip?
Die CAR-T-Zell-Therapie ist eine Behandlungsmethode, die 2018 in Europa erstmals für die Behandlung von Patientinnen und Patienten mit B-Zell-Lymphomen und B-Zell-Leukämien zugelassen wurde. Im Zentrum dieses Verfahrens stehen körpereigene Immunzellen – sogenannte T-Zellen. Diese werden aus dem Blut der erkrankten Person entnommen und anschließend in einem Speziallabor gentechnisch verändert. Die veränderten, nun als CAR-T-Zellen bezeichneten Immunzellen werden anschließend über die Vene in den Körper zurückgegeben. Sie sind in der Lage, bestimmte Krebszellen zu erkennen und abzutöten. Das Verfahren ist recht aufwendig, kann aber bei bestimmten Erkrankungen des lymphatischen Systems, die auf eine Chemo- oder Strahlentherapie nicht Ansprechen, komplette und dauerhafte Krankheitsrückbildungen (Remissionen) bewirken.
CAR-T-Zellen nutzen unser eigenes Immunsystem, um Leukämie- und Lymphomzellen anzugreifen
Lymphozyten sind weiße Blutzellen, die unser Körper produziert, um Infektionen und Erkrankungen, darunter auch Krebs, zu bekämpfen. Sie sind Teil unseres Immunsystems. Bei den Lymphozyten unterscheidet man zwischen T-Lymphozyten (T-Zellen) und B-Lymphozyten (B-Zellen). Sie haben in unserem Immunsystem unterschiedliche Aufgaben.
Normalerweise erkennt das Immunsystem, wenn sich eine Körperzelle fehlerhaft entwickelt. Diese wird dann aufgrund ihrer Oberflächenmerkmale (= Tumorantigene) von T-Zellen als verändert bzw. als »fremd« erkannt und von Zellen des Immunsystems zerstört. Wenn Menschen an einem Lymphom erkranken, bedeutet das, dass ihr Immunsystem die Lymphomzellen als » nicht-fremd« erkennt. Das hat auch damit zu tun, dass einige Krebszellen Wege entwickeln, sich zu tarnen. Zum Beispiel bilden Lymphomzellen auf ihren Oberflächen bestimmte Proteine, die dazu führen, dass T-Zellen diese nicht von körpereigenen Zellen unterscheiden können und daher nicht angreifen. Die Erkennung von »fremd« oder »nicht-fremd« erfolgt über Strukturen auf den von T-Zellen, den sogenannten T-Zell-Rezeptoren.
Bei der CAR-T-Zell-Therapie werden T-Zellen eines Patienten gesammelt und in einem Labor gentechnisch verändert. Im Wesentlichen werden den vorhandenen T-Zell-Rezeptoren Teile eines Antikörpers hinzugefügt. Dadurch werden die T-Zellen in die Lage versetzt, die zuvor nicht bemerkten Krebszellen anhand ihrer Oberflächenstruktur als »fremd« zu erkennen und abzutöten. Da dieser neue Rezeptor eine künstliche Mischung aus dem natürlichen T-Zell-Rezeptor und einem Antikörper ist, wird er nach den Mischwesen (= Chimären) der altgriechischen Götter- und Heldendichtung als »chimärer Antigenrezeptor« (abgekürzt = CAR) bezeichnet. Die gentechnisch veränderten T-Zellen werden in »CAR-T-Zellen« umbenannt.
Danach werden die CAR-T-Zellen im Labor vermehrt, bis ihre Anzahl hoch genug ist, das Lymphom zu behandeln. Schließlich werden sie dem Patienten wie bei einer Bluttransfusion über den zentralen Venenkatheter oder die Armvene zugeführt.
Aufbau einer CAR-T-Zelle
Bei der gentechnischen Herstellung von CAR-T-Zellen wird im Labor ein »chimärer Antigenrezeptor« (= CAR) an die entnommenen T-Zellen gebunden. Der CAR besteht aus mehreren Teilen, die oft auch als Domänen bezeichnet werden. Dazu gehören normalerweise:
- Ein Antigenrezeptor, das ist jener Teil, der sich als Bindedomäne außerhalb der T-Zelle befindet und mit einem bestimmten Ziel auf den Krebszellen verbinden soll.
- Mit der Transmembrandomäne wird die Bindedomäne samt Antikörperfragment auf der Oberfläche der T-Zellen verankert.
- Wichtig für die therapeutische Aktivität sind die Signaldomänen. Sie liefern Stimulations- und Aktivierungssignale, die die CAR-T-Zellen darin unterstützen, sich zu vermehren und im Körper des Patienten zu überleben.
Sobald eine CAR-T-Zelle an eine Krebszelle bindet, sendet sie Signale (= Zytokine), die das Immunsystem dazu bringen, die Krebszelle zu zerstören. Es gibt verschiedene CAR-T-Zell-Produkte, die sich grundsätzlich darin unterscheiden, auf welche Zielstrukturen der Antigenrezeptor ausgerichtet ist. Bei Leukämien und Lymphomen stellt der Oberflächenmarker CD19 eine solche Zielstruktur dar. Es sind weitere CAR-T-Zell-Produkte in der Entwicklung, die auch an andere Oberflächenstrukturen binden können, zum Beispiel an das »B-cell maturation antigen« (BCMAL), das auf Zellen des Multiplen Myeloms vorkommt. Darüber hinaus unterscheiden sich die CAR-T-Zellen in den Signaldomänen. Beispielsweise sind neue CAR-T-Zellen in der Entwicklung, denen Teile hinzugefügt wurden, damit sie ausgeschaltet werden können, wenn sie Probleme im Körper verursachen.
Wer kann mit CAR-T-Zellen behandelt werden?
In Europa wurden mittlerweile mehrere kommerzielle Produkte der CAR-T-Zell-Therapie für erwachsene Patientinnen und Patienten mit B-Zell-Neoplasien zugelassen (Stand: 10/2024):
Tisagenlecleucel (Kymriah ©)
für Erkrankte mit
- einem diffusen großzelligen B-Zell-Lymphom (DLBCL), die zwei oder mehr Vortherapien erhalten hatten, deren Lymphom jedoch nicht auf die Behandlung ansprach (= refraktär) oder deren Lymphom zurückkam (= rezidiviert).
- Erkrankte mit einem follikulären B-Zell Lymphom (FL), die zwei oder mehr Vortherapien erhalten haben, deren Lymphom jedoch nicht auf die Behandlung ansprach (= refraktär) oder deren Lymphom zurückkam (= rezidiviert).
- Kinder, Jugendliche und erwachsene Patientinnen und Patienten im Alter bis einschließlich 25 Jahren mit refraktärer oder rezidivierter (Rezidiv nach Transplantation oder zweites oder späteres Rezidiv) akuter lymphatischer B-Zell-Leukämie (ALL).
Axicabtagene Ciloleucel (Yescarta ©)
für Patientinnen und Patienten mit
- diffus großzelligem B-Zell-Lymphom (DLBCL) und hochmalignem B-Zell-Lymphom (HGBL), das innerhalb von 12 Monaten nach Abschluss einer Erstlinien-Chemoimmuntherapie rezidiviert oder gegenüber dieser refraktär ist.
- rezidiviertem oder refraktärem DLBCL oder primär mediastinalem großzelligen B-Zell-Lymphom (PMBL) nach zwei oder mehr Vorbehandlungen.
- rezidiviertem oder refraktärem follikulären Lymphom (FL) nach drei oder mehr systemischen Therapien.
Lisocabtagen maraleucel (Breyanzi ©)
für erwachsene Erkrankte
- mit rezidiviertem oder refraktärem diffusen großzelligen B-Zell-Lymphom (DLBCL), primär mediastinalen großzelligen B-Zell-Lymphom (PMBCL) und follikulären Lymphom Grad 3B (FL3B) bei erwachsenen Patienten nach zwei oder mehr Linien einer systemischen Therapie.
- mit diffus großzelligem B-Zell-Lymphom (DLBCL), hochmalignem B-Zell-Lymphom (HGBCL), primär mediastinalem großzelligem B-Zell-Lymphom (PMBCL) und follikulärem Lymphom Grad 3B (FL3B), die innerhalb von 12 Monaten nach Abschluss der Erstlinien-Chemoimmuntherapie rezidivierten oder gegenüber dieser Therapie refraktär sind.
Brexucabtagen-Autoleucel (Tecartus ©)
für erwachsene Patientinnen und Patienten mit
- rezidiviertem oder refraktärem Mantelzell-Lymphom (MCL) nach zwei oder mehr systemischen Therapien, die einen Bruton-Tyrosinkinase-Inhibitor (BTKi) einschließen.
- akuter rezidivierter oder refraktärer B-Zell-Vorläufer lymphatischer Leukämie ab einem Alter von 26 Jahren.
Idecabtagen vicleucel (Abecma ©)
ist indiziert für die Behandlung des rezidivierten und refraktären multiplen Myeloms bei erwachsenen Patientinnen und Patienten, die mindestens drei vorausgegangene Therapien, einschließlich eines Immunmodulators, eines Proteasominhibitors und eines Anti-CD38-Antikörpers, erhalten und unter der letzten Therapie eine Krankheitsprogression gezeigt haben.
Ciltacabtagene autoleucel (Carvicty ©)
ist indiziert für die Behandlung des rezidivierten und refraktären multiplen Myeloms bei erwachsenen Patientinnen und Patienten, die mindestens eine vorausgegangene Therapie erhalten haben, darunter einen Immunmodulator und einen Proteasom-Inhibitor, und die während der letzten Therapie eine Krankheitsprogression zeigten und gegenüber Lenalidomid refraktär sind. Für diese und andere Lymphomerkrankungen werden weitere CAR-T-Zell-Produkte in klinischen Studien getestet.
Die CAR-T-Zell-Therapie ist eine Behandlungsart, die auch bei älteren Patientinnen und Patienten in der Regel sicher durchgeführt werden kann. Doch selbst wenn viele Erkrankte grundsätzlich für diese Behandlung geeignet sind, ist die Behandlung manchmal aus mehreren Gründen nicht möglich:
- Möglicherweise können nicht genügend T-Zellen gesammelt werden, um CAR-T-Zellen herzustellen.
- Das Labor kann die Herstellung möglicherweise nicht erfolgreich durchführen.
- CAR-T-Zellen müssen für jeden Menschen individuell hergestellt werden, ein Prozess, der mehrere Wochen dauern kann. Es kann passieren, dass sich die Erkrankung zwischenzeitlich so verschlechtert, dass die Patientin oder der Patient möglicherweise nicht fit genug sind, um die Therapie zu erhalten.
Wie wird eine CAR-T-Zell-Therapie durchgeführt?
Schritt 1: Sammlung der Lymphozyten
Nach einer Reihe von Voruntersuchungen werden zu Beginn Lymphozyten aus dem Blut des Patienten entnommen. Dieser Sammelprozess wird »Leukapherese« genannt. Bei der Leukapherese wird das Blut mit einer dünnen Nadel aus dem Arm entnommen und über einen Schlauch in einen Zellseparator geleitet. Diese Maschine trennt die Lymphozyten (T-Zellen und weitere Lymphozyten) von anderen Blutbestandteilen und sammelt sie. Der Rest des Blutes wird über eine andere Leitung in den Blutkreislauf des Patienten zurückgeführt. Durch die Leukapherese werden nur die im Blut schwimmenden Lymphozyten gesammelt, andere Lymphozyten verbleiben im Körper.
Schritt 2: Herstellung der CAR-T-Zellen
Im Labor werden die T-Zellen dann gentechnisch bearbeitet und können sich vermehren, bis genügend Zellen vorhanden sind, um die Behandlung wirksam zu machen. Es wird eine hinreichend große Anzahl von CAR-T-Zellen benötigt, damit diese im Körper des Patienten überleben und die meisten oder alle Lymphomzellen zerstören können. Die Herstellung und Vermehrung der CAR-T-Zellen ist kompliziert und dauert etwa 14 Tage. Allerdings kann sich die Zeit zwischen der Zellsammlung und der Rückgabe der modifizierten Zellen auf bis zu 4-5 Wochen ausdehnen. Dies hängt wesentlich davon ab, wo die Zellen modifiziert werden und ob sie frisch verarbeitet oder vor und nach dem Produktionsprozess in flüssigem Stickstoff haltbar gemacht (= kryokonserviert) werden müssen.
Während der Phase des Herstellungsprozesses überwacht das Behandlungsteam den Zustand der Patienten und prüfen, ob diese fit genug sind, um die CAR-T-Zell-Behandlung zu durchlaufen. Wenn sich der Zustand eines Patienten durch die weiter fortschreitende Erkrankung verschlechtert, können für die Dauer der CAR-T-Zell-Herstellung andere Therapien angewendet werden, um das Lymphom unter Kontrolle zu halten. Dadurch kann sich die Anwendung der CAR-T-Zell-Therapie manchmal verzögern. In seltenen Fällen müssen auch andere Behandlungsmöglichkeiten in Betracht gezogen werden.
Schritt 3: Chemotherapie
Wenn die CAR-T-Zellen erfolgreich hergestellt wurden und die Patienten fit sind, erhalten sie zunächst über einige Tage eine vorbereitende Chemotherapie. Dadurch soll die Menge der weißen Blutzellen im Körper verringert und Platz geschaffen werden, damit sich die CAR-T-Zellen ungehindert vermehren können.
Schritt 4: Infusion der CAR-T-Zellen
Die CAR-T-Zellen werden über die Vene in den Blutkreislauf der Patienten gegeben. Dies kann entweder über die die Armvene oder über einen zentralen Venenkatheter erfolgen. Normalerweise erhalten Erkrankte nur eine CAR-T-Zell-Infusion. Diese sollte genügend Zellen enthalten, um das Lymphom wirksam zu behandeln. Vor, während und nach der Behandlung werden die Patientin bzw. des Patienten im Behandlungszentrum sorgfältig überwacht, damit Ärzte im Falle von Nebenwirkungen schnell reagieren können.
Wirksamkeit der Behandlung mit CAR-T-Zellen
Die CAR-T-Zell-Therapie ist eine neue Behandlungsmethode, daher ist noch wenig über ihre Langzeitwirkung bekannt oder darüber, wie lange das Lymphom auf die Behandlung anspricht. Erste Ergebnisse aus klinischen Studien sind sehr ermutigend, insbesondere für Menschen, die nach den Vorbehandlungen nur wenige andere Behandlungsmöglichkeiten haben.
Für die konkrete Nutzen-Risiko Abwägung in Ihrem persönlichen Fall fragen Sie bitte Ihre behandelnde Ärztin oder Ihren behandelnden Arzt nach wahrscheinlicher Wirkung und Nebenwirkung in Ihrer individuellen Situation.
Grundsätzlich haben die zugelassenen gegen CD19 gerichteten CAR-T-Zellprodukte bei aggressiven Lymphomen (DLBCL, PMBCL, HGBL und der akuten lymphatischen Leukämie) das Potential, die Erkrankung zu heilen (= kuratives Potential). Dies wurde durch die Auswertung der mittlerweile sehr langen Nachbeobachtungzeit der Zulassungsstudien von über 5 Jahren bewiesen. Für das follikuläre Lymphom sind die Patientinnen und Patienten noch nicht lange genug nachbeobachtet, hier kann man nur von sehr guten Ansprechraten sprechen, die bei einer Nachbeobachtung von etwas über 2 Jahren jedoch überwiegend haltbar zu sein scheinen.
Von den CAR T-Zellprodukten beim Multiplen Myelom, die sich gegen das Antigen BCMA richten, werden ebenfalls hohe Ansprechraten erreicht. Die Dauer des Ansprechens scheint unterschiedlich zu sein und eher besser für Ide-cel. Wichtiger ist jedoch die weitere Entwicklung dieser Produkte in früheren Therapielinien im Kontext der Standardtherapien. Das Feld entwickelt sich sehr schnell und Betroffene sollten unbedingt mit den behandelnden Ärztinnen und Ärzte die ganz aktuellen Daten und Studienoptionen besprechen.
Sind CAR-T-Zellen in Deutschland verfügbar?
Die zuvor genannten CAR-T-Zell Produkte sind in Deutschland zugelassen und die Kosten der Behandlung werden von den Krankenkassen übernommen. CAR-T-Zell-Therapien können nur in spezialisierten Behandlungszentren sicher angewendet werden, die über besonders geschultes Personal verfügen. Daher könnte es sein, dass Sie für eine CAR-T-Zell-Therapie an ein anderes Behandlungszentrum überwiesen werden müssen. Derzeit behandeln die meisten deutschen Universitätskliniken und einige nicht-universitäre Krankenhäuser Patientinnen und Patienten mit CAR-T-Zell-Therapien.
Mögliche Nebenwirkungen
Alle Arzneimittel können als Nebenwirkungen unerwünschte Reaktionen hervorrufen – an dieser Stelle können nur die wichtigsten Nebenwirkungen dargestellt werden. Da die CART-Zell-Therapie eine relativ neue Art der Behandlung ist, werden weiterhin Informationen über mögliche Nebenwirkungen gesammelt – fragen Sie gegebenenfalls Ihr medizinisches Team nach aktuellen Informationen. Bevor Patientinnen und Patienten mit einer CAR-T-Zell-Therapie beginnen, sollten sie mit ihren Ärzten auch über mögliche Begleiterkrankungen sprechen und alle Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel erwähnen, die sie einnehmen.
CAR-T-Zellen können bei einigen Menschen schwerwiegende Nebenwirkungen verursachen, so dass die Behandlung nur in Einrichtungen durchgeführt wird, die hinsichtlich ihrer Ausstattung und ihres Personals alle Voraussetzungen erfüllen, um auftretende Nebenwirkungen gut behandeln zu können. Darüber hinaus erhalten Patientinnen und Patienten vor der Infusion der CAR-T-Zellen vorbeugende Medikamente (z.B. Paracetamol und Antihistaminika). Nach der CAR-T-Zell-Infusion werden die Patientinnen und Patienten, abhängig vom jeweiligen CAR-T-Zell-Produkt, 7 bis 14 Tage stationär im Behandlungszentrum überwacht. Auch nach ihrer Entlassung sollten sie selbst auf Symptome achten und ihr Behandlungsteam sofort benachrichtigen, wenn sich ihr Gesundheitszustand ändert.
Häufige Nebenwirkungen von CAR-T-Zellen, die bei mehr als einem von fünf Personen auftreten, sind:
Zytokinfreisetzungssyndrom (CRS) mit
- Fieber und Schüttelfrost
- Niedriger Blutdruck und niedriger Sauerstoffgehalt
- Schnelle Herzfrequenz und Veränderungen des Herzrhythmus (Arrhythmie)
- Starke Müdigkeit
ICANS (Immune effector cell-associated neurotoxicity syndrome),
- Probleme mit dem Nervensystem einschließlich des Gehirns (Enzephalopathie), Kopfschmerzen, Zucken oder Zittern und Schwindel
Fieberhafte Neutropenie
- Fieber, das mit dem Rückgang der Anzahl der weißer Blutkörperchen (neutrophilen Granulozyten) verbunden ist, die normalerweise Infektionen bekämpfen
Die schwerwiegendsten Nebenwirkungen werden im Folgenden ausführlicher beschrieben:
Zytokinfreisetzungssyndrom (CRS)
Eine der häufigsten und schwerwiegendsten Komplikationen der CAR-T-Zell-Therapie ist das »Cytokin-Release-Syndrome« (CRS, Zytokinsturm). Es kann auftreten, da die CAR-T-Zell-Behandlung eine massive Immunreaktion im Körper hervorruft. Dadurch setzen die von der Behandlung betroffenen weißen Blutzellen Substanzen im Blut frei, die als »Zytokine« bezeichnet werden. Zytokine sind Proteine, die anderen Zellen signalisieren, dass sie bei einer Immunantwort helfen sollen. Wenn viele Zytokine gleichzeitig freigesetzt werden, kann dies den Körper insgesamt überfordern.
Symptome eines CRS können Fieber, Schüttelfrost, niedrigen Sauerstoffgehalt im Blut, schnelle Herzfrequenz und niedrigen Blutdruck umfassen. In der Regel treten diese Symptome wenige Tage nach der CAR-T-Zell-Infusion auf, sie können sich aber auch bis zu 14 Tage danach zeigen. Etwa die Hälfte aller Behandelten durchläuft aufgrund des Wirkprinzips der CAR-T-Zell-Therapie ein gewisses Maß an CRS. Die meisten Fälle sind mild und leicht zu behandeln. Es können auch schwere, lebensbedrohliche Reaktionen auftreten – man spricht dann auch von einem Zytokinsturm. Patientinnen und Patienten mit schwerem CRS müssen möglicherweise zur Behandlung der Nebenwirkungen auf eine Überwachungsstation gebracht werden. Dort erhalten sie gegebenenfalls Sauerstoff und Flüssigkeitund bei Bedarf weitere Medikamente zur Kontrolle des CRS.
Weitere Immunreaktionen
Weil die CAR-T-Zell-Therapie das Immunsystem beeinflusst, haben die Behandelten ein erhöhtes Infektionsrisiko, einschließlich schwerer Infektionen. Ursache dafür sind unter anderem die Verringerung der weißen Blutzellen (speziell der B-Lymphomzyten) und damit einhergehende niedrige Antikörperspiegel. Antikörper sind Proteine, die von B-Zellen produziert werden, um Infektionen zu bekämpfen. Wenn sie nur in geriner Anzahl vorhanden sind, kann es für den Körper schwieriger sein, Infektionen abzuwehren. Vorbeugend werden daher möglicherweise Medikamente verabreicht, die eine Infektion verhindern oder diese abwehren (zum Beispiel Antibiotika). Wenn die Antikörperspiegel sehr niedrig sind, kann gegebenenfalls auch eine Immunglobulin-Ersatztherapie (Infusion von Antikörpern) vorgenommen werden. Weiterhin wird das medizinische Team im Vorfeld prüfen, ob erfolgte Impfungen weiterhin wirksam sind oder ob eine Impfung, abhängig von den persönlichen Gegebenheiten, sinnvoll ist.
Probleme im Bereich des Nervensystems
Probleme im Bereich des Nervensystems treten bei den meisten der mit CAR-T-Zellen behandelten Patientinnen und Patienten wenige Tage nach der Behandlung regelhaft auf – sehr selten können sich diese Beschwerden aber auch bis zu acht Wochen nach der CAR-T-Zell-Gabe zeigen. Die Beeinträchtigungen des Nervensystems sind in der Regel leicht und bessern sich über ein paar Wochen wieder. Am häufigsten treten Probleme mit der Funktionsweise des Gehirns auf und Patienten leiden unter Kopfschmerzen, Zittern, Schwindel, Verwirrtheit, Schlafstörungen und Sprachproblemen. Auch lebensbedrohliche Schwellungen des Gehirns können auftreten. Um diese Probleme des Nervensystems zu behandeln, können Steroide verabreicht werden. Das Behandlungsteam kennt diese Symptome und wird die Patienten engmaschig überwachen. Gegen BCMA gerichtete CAR-T-Zell-Produkte haben bisher deutlich weniger akute Beeinträchtigungen des Nervensystems gezeigt.