• Presse

Mantelzell-Lymphom: Neue Therapie verdoppelt krankheitsfreie Zeit

Köln/München, 10. Juni 2011. Die Dauer der Krankheitsremissionen, die mit einer Immunchemotherapie gegen das Mantelzell-Lymphom erzielt werden, können durch eine Erhaltungstherapie mit dem Antikörper Rituximab mehr als verdoppelt werden.

Diese ersten Ergebnisse einer europaweiten Studie zur Behandlung älterer Patienten mit Mantelzell-Lymphomen (MCL) stellt das Europäische Mantelzell-Lymphom Netzwerk (EMCLN) jetzt auf dem Kongress der European Hematology Association (EHA) in London vor.

Das Mantelzell-Lymphom (MCL) ist eine eher seltene Krebserkrankung des lymphatischen Systems, bei der sich bösartig veränderte Zellen in den Lymphknoten, dem Knochenmark, der Milz oder im Blut ausbreiten. Die meisten Patienten, die an einem Mantelzell-Lymphom erkranken, sind älter als 60 Jahre. Aufgrund ihres oft schlechten Gesundheitszustandes können sie sich keiner hochaggressiven Therapie unterziehen. Aktuellen Leitlinien zufolge erhalten ältere Patienten deshalb eine mit dem Antikörper Rituximab kombinierte Chemotherapie (= Immunchemotherapie), mit der das als unheilbar geltende Mantelzell-Lymphom für eine begrenzte, oft nur kurze Dauer zurückgedrängt werden kann.

Mittels einer Erhaltungstherapie versuchen Ärzte, die krankheitsfreie Zeit bis zum Wiederauftreten des Mantelzell-Lymphoms auszudehnen. Als wirksam galt bislang der Wirkstoff Interferon-alpha, der allerdings mit starken Nebenwirkungen verbunden ist. Dass der als besser verträglich geltende Antikörper Rituximab nicht nur eine Alternative zur Interferon-alpha-Gabe darstellt, sondern auch die krankheitsfreie Zeit von MCL-Patienten erheblich verlängern kann, wurde nun in einer ersten Zwischenauswertung der MCL-Elderly-Studie des Europäischen Mantelzell-Lymphom Netzwerks (EMCLN) eindrucksvoll belegt.

„Diese überzeugenden Daten etablieren einen neuen Therapiestandard beim Mantelzell-Lymphom“, bewertet Professor Dr. Martin Dreyling vom Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universtität München (Großhadern) die Ergebnisse. Der Koordinator des Europäischen MCL-Netzwerks, der an der Planung und Durchführung dieser europäischen Studie federführend beteiligt war, meint: „Erstmals gelingt es uns damit, auch bei älteren Patienten eine vormals aggressive Erkrankung in einen eher chronischen Verlauf zu überführen."

Krankheitsfreie Zeit: 51 Monate gegenüber 24 Monaten

Um in überschaubarer Zeit ausreichend viele Patienten für diese Untersuchung gewinnen zu können, wurden mehr als 500 Patienten aus acht europäischen Ländern eingeschlossen. Sie erhielten als Primärtherapie nach dem Zufallsprinzip entweder acht Zyklen R-CHOP (= Immunchemotherapie bestehend aus den Wirkstoffen Rituximab, Cyclophosphamid, Doxorubin, Vincristin und Prednisolon) oder 6 Zyklen R-FC (= Immunchemotherapie bestehend aus Rituximab, Fludarabin und Cyclophosphamid). Jene 308 Patienten (61%), deren Mantelzell-Lymphom durch diese Therapien ganz (= komplette Remission) oder teilweise (= partielle Remission) zurückgedrängt wurde, erhielten anschließend entweder eine Rituximab-Erhaltungstherapie (eine Injektion alle zwei Monate) oder eine Erhaltungstherapie mit Interferon-alpha (eine Injektion pro Woche). Beide Erhaltungstherapien wurden gegeben, bis die Krankheit wieder aktiv wurde.

Eine erste Zwischenauswertung, in die die Daten von 223 Patienten eingegangen sind, ergibt einen deutlichen Vorteil für jene Patienten, die als Erhaltungstherapie Rituximab erhalten hatten: Ihre krankheitsfreie Zeit betrug 51 Monate, gegenüber 24 Monaten der mit Interferon-alpha behandelten Patienten (p=0,0117; HR 0,56; 0,36-0,88). Besonders bedeutsam zeigte sich dieser Unterschied für jene Patienten, die eingangs mit R-CHOP behandelt worden waren: Nach drei Jahren betrug das Gesamtüberleben dieser Patienten 85 Prozent nach Rituximab gegenüber 70 Prozent nach Interferon (p=0,0375).

Nebenwirkungen beeinflussen die Therapiebereitschaft

Erwartungsgemäß waren die Nebenwirkungen von Rituximab geringer als die von Interferon: Eine Schädigung der Blutzellen trat unter Interferon doppelt so häufig auf wie unter Rituximab (Leukozytopenie 36 % vs. 17 %; Thrombozytopenie 16% vs. 7%). Andere Toxizitäten waren in beiden Armen selten, allerdings kam es häufiger zu Infektionen, die besonders in der Therapiekombination R-FC + Rituximab-Erhaltung auftraten.

Wie stark die unter Interferon auftretenden Nebenwirkungen viele Patienten beeinträchtigten, zeigt die Tatsache, dass 61 Prozent von ihnen die Erhaltungstherapie vorzeitig – also bevor erneut Krankheitszeichen aufgetreten sind – beendeten. In der Gruppe der mit Rituximab behandelten Patienten betrug dieser Anteil nur 30 Prozent. Dass die Erhaltungstherapie jedoch einen großen Einfluss auf die krankheitsfreie Zeit und das Gesamtüberleben hat verdeutlichen die Krankheitsverläufe jener Patienten, die aus unterschiedlichen Gründen (individuelle Patientenentscheidungen oder anhaltende Zytopenie nach Induktionstherapie) keine Erhaltungstherapie erhalten hatten: Ihre krankheitsfreie Zeit betrug nur 26 Monate. Das Gesamtüberleben lag nach drei Jahren nur bei 52 Prozent.

Fazit: Obwohl Rituximab gegenwärtig noch nicht für die Erhaltungstherapie beim Mantelzell-Lymphom zugelassen ist, stellt diese Erhaltungstherapie im Anschluss an eine R-CHOP Induktionstherapie einen neuen, gut verträglichen Therapiestandard für ältere MCL-Patienten dar. Neuere Therapiekonzepte werden sich daran messen lassen müssen.

Hinweis: Die Ergebnisse werden während des „EHA-Presidential Symposium“ am Samstag, den 11. Juni 2011, 14:15-15:45 Uhr in London (ExCeL London, Hall S1) präsentiert. Die dem Vortrag zugrunde liegende Zusammenfassung wurde von den Veranstaltern als bestes Abstract prämiert.

Ansprechpartner

Silke Hellmich
Information & Kommunikation
Kompetenznetz Maligne Lymphome e.V.
Uniklinik Köln
D-50924 Köln
Tel.: +49 (0)221 478-7405
Fax: +49 (0) 221 478-7406
E-Mail: silke.hellmich@uk-koeln.de


Prof. Dr. Martin Dreyling
Koordinator des Europäischen Mantelzell-Lymphom Netzwerks
Medizinische Klinik III der Universität München-Großhadern
Marchioninistr. 15, D-81377 München
Tel. +49 (0)89 7095-2202
martin.dreyling@med.uni-muenchen.de

Das Europäische Mantelzell-Lymphom Netzwerk (EMCL) ist ein Zusammenschluss von 13 europäischen Studiengruppen und wird von der Europäischen Kommission und der Lymphoma Research Foundation gefördert. Seit 2010 ist das EMCL Mitglied im Kompetenznetz Maligne Lymphome e.V., einem Zusammenschluss führender deutscher Lymphom-Studiengruppen und Versorgungseinrichtungen. Weitere Informationen unter: http://www.lymphome.de und http://www.european-mcl.net/